In Asien wird in diesem Jahr die International Premier Tennis League aus der Taufe gehoben. Mit einem anderen Konzept als die bekannten Profi-Touren wird gegen Ende 2014 zum ersten Mal der neue internationale Teamwettbewerb ausgetragen. Also in der Zeit, in der die internationalen Turniere ruhen, um den Tennisprofis endlich Zeit zur Regeneration zu geben.
Bedenkt man die wiederholten Klagen der schmerzgeplagten Spitzenprofis, dass die Belastungen der WTA-und ATP-Turnierserien zu hoch seien und gesundheitsschädlich wirkten, überrascht die Entscheidung zu dieser neuen Wettkampfform im internationalen Tennis doch sehr.
Ins Leben gerufen wurde dieses Mega-Event, bei dem die vier asiatischen Städte Mumbai, Bangkok, Singapur und Dubai gegeneinander antreten, vom indischen Doppel-Spezialisten Mahesh Bhupathi.
Der Spielmodus unterscheidet sich grundlegend von den bisher bekannten Varianten: ein Team besteht aus Herren, Damen und „Legenden“, es werden fünf Matches über nur einen Satz gespielt. Im Herreneinzel und -doppel, Dameneinzel und-doppel sowie im Mixed treffen die eingekauften Spieler der Städteteams aufeinander. Dabei spielt das Heimteam von Freitag bis Sonntag gegen die anderen drei Mannschaften. Terminiert ist das mit 24 Millionen Dollar dotierte Spektakel auf den Zeitraum zwischen dem 28. November und dem 13. Dezember 2014.
The show must go on.
Viele der sonst so überbelasteten Tennisstars haben jetzt mit Freude zugesagt und sich damit der verdienten Regenerationspause am Ende der Saison beraubt: Zum Beispiel Ana Ivanovic, die doch bei den Australian Open nur wegen einer schweren Verletzung im Viertelfinale scheiterte. Rafa Nadal und Nole Djokovic, die eigentlich bisher jede Gelegenheit genutzt hatten, sich über den unzumutbaren Stress der Turnierserien zu beklagen, dokumentieren eine frühe Schädigung ihres Kurzzeitgedächtnisses und haben nach kurzen Verhandlungen begeistert ihre Teilnahme an dem Post-Saison-Showevent mitgeteilt. Berdych, Murray, Tsonga, Wozniacki und Williams sind schon ihren teuren Teams definitiv zugeteilt. Die „Legenden“ Agassi, Ivanisevic und Hingis haben ihren Aufnahmeantrag für dieses „Tennis-Dschungelcamp“ in diesen Tagen hinterlegt.
Die Herren und Damen des Tennis-Circuits laufen keinesfalls dem Geld nach – sie laufen ihm mit offenen Armen und Händen entgegen!
Ist es nachzuvollziehen, dass einige Spieler/innen Davis- oder Fed-Cup- Begegnungen wegen Überbelastung absagen, sich aber als „echte“ Mumbaier oder Dubaier gerne in der eigentlichen Regerationspause auf den Platz stellen?
Da freut sich der Skeptiker dann doch über die Meldung, dass Maria Sharapova, Na Li, Stanislas Wawrinka und Roger Federer den Veranstaltern der „Premier League“ eine Absage erteilt haben. Vielleicht haben diese Profis erkannt, dass langfristig die Gesundheit für sie wertvoller ist, als ein kurzfristig ausgezahltes finanzielles Honorar. Auf jeden Fall hält ihre Entscheidung bei den wohlgesinnten Außenstehenden das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit des Tennisgeschäfts noch ein wenig aufrecht.
Natürlich spielt auch ein anderes Motiv bei den Teilnehmern am „Premier League-Spektakel“ eine Rolle: In der Premier Tennis League entscheidet immer nur ein Satz über Sieg und Niederlage der Teamspieler. Das erscheint wie ein sehr gut bezahlter Urlaub vom mühsamen Geschehen in den letzten Runden der Grand Slam Turniere – den bewunderungswürdigen Kämpfen mit den letzten Kräften für den Erfolg, die gerade Djokovic und Nadal uns immer wieder präsentiert hatten.
The show must go on…
Spielen da die Zuschauer mit? Ist das nicht Betrug am Publikum? Oder an den Tennisfans auf der ganzen Welt?
Oder will das asiatische Publikum sogar „verschaukelt“ werden – wie bei den makabren Wrestling-Shows? Ist Authentizität eine längst überholte Kategorie im modernen Profisport?
Auch wenn wir neuen Ideen und Impulsen gerne unseren Zuspruch geben, stimmt uns dieses Konzept doch nachdenklich. Ob eine künstliche, mit großen finanziellen Aufwendungen „gepushte“ Veranstaltung, bei dem der Leistungsgedanke an zweiter Stelle steht, zu einem Imagegewinn der Sportart führen wird, ist abzuwarten. Vielleicht wären die beteiligten Städte, die nicht als Hochburgen des Tennissports bekannt sind, besser beraten, Investitionen in eine nachhaltige Jugendförderung und den Aufbau einer Tennis-Infrastruktur zu tätigen.