Am Dienstag wurden in Wimbledon die Begegnungen angesetzt, die das Viertelfinalfeld in den Einzelkonkurrenzen komplettieren sollten. Zieht man nach der 1. Woche des Turniers und vor den Viertelfinals ein Zwischenfazit, dann kann man festhalten, dass es bei den Damen keine Avantgarde mehr gibt, die das übrige Teilnehmerfeld beherrscht. Die absolute Spitze verliert auch in den ersten Runden und es drängen junge Spielerinnen nach(Bouchard, Cornet, Muguruza, vielleicht auch bald Madison Keys)), die gnadenlos das freie Terrain an der Spitze erobern wollen. Ganz anders sieht die Struktur bei den Herren aus. Hier dominiert eine Elite (Nadal, Djokovic, Murray, auch Wawrinka, wenn er gesund ist – zum Teil auch Ferrer) unangefochten bei allen Grand Slam- Events. Der Bulgare Dimitrov hat das Potential, in naher Zukunft in diese Gruppe einzubrechen.
Auf Court 3, dem ehemaligen „Friedhof der Stars“, versuchte Sabine Lisicki gegen Yaroslava Shvedova ihren Siegeszug in London fortzusetzen. Zu Beginn hat die Berlinerin wieder Probleme mit dem Service. Sie kassiert auch gleich im ersten Aufschlagspiel ein Break und hat nach drei Servicegames schon sechs Doppelfehler produziert. Zum Glück funktionieren ihre Grundschläge – besonders die aggressive Vorhand – sehr gut. Nach 23 Minuten hat sie eine 5:2 Führung herausgespielt. Bei 5:3 bringt sie ihr Aufschlagspiel durch und gewinnt den ersten Durchgang mit 6:3. Zu Beginn des zweiten Durchgangs gelingt der Deutschen urplötzlich nichts mehr. Sie verliert mit zahlreichen unnötigen Fehlern 3 Spiele in Folge und baut ihre bisher unterlegene Gegnerin auf. „Bine“ fängt sich, gewinnt drei Spiele nacheinander und gleicht zum 3:3 aus. Das Wimbledon-Lächeln ist wieder auf ihrem Gesicht. Trotzdem verliert sie das nächste Spiel und mit zwei Doppelfehlern auch das eigene Aufschlagspiel. Die Kasachin wird entschlossener und gewinnt den zweiten Durchgang mit 6:3.Ein unerklärliches „Auf und Ab“ kennzeichnet das Auftreten unserer deutschen Wimbledonhoffnung. Im Entscheidungssatz nimmt Sabine bei 1:1 und Spielball Shedovas ein „Medical Time-Out“, lässt sich die Schulter behandeln. Anschließend kann keine der Kontrahentinnen bis zum 3:3 die Oberhand gewinnen. Dann zieht Lisicki an, führt 5:3. Das nächste Spiel gewinnt wieder die Kasachin. Nach dem Seitenwechsel unterlaufen Shvedova drei leichte Fehler. 3 Matchbälle für „Bine“! Die ersten beiden werden abgewehrt, dann knallt Sabine einen Vorhandreturn in das gegnerische Feld, der verschlagen wird. Die Deutsche ist in das Viertelfinale vorgedrungen! Wie sagte ein Kommentator: „Durchatmen – das war eine schwere Geburt!“ 33 „unforced errors“ von Sabine Lisicki und 20(!) Doppelfehler bestätigen die Aussage.
Zur gleichen Zeit wie Sabine hatte Simona Halep ihre Auseinandersetzung mit der Kasachin Zarina Diyas aufgenommen. Die Rumänin setzte sich klar und unangefochten mit 6:3 und 6:0 durch.
Im ersten Spiel auf dem Center Court trat Angelique Kerber gegen die Turnier-Favoritin der Tennisexperten, Maria Sharapova, an. Vom ersten Punkt an ist Angie „im Match“. Sie führt gleich 2:0. Die Russin holt auf. Ein rasantes Spiel entwickelt sich, in dem die Konkurrenten um die Oberhand ringen. Der Tiebreak muss entscheiden. Kerbers Kämpferherz und ihre Entschlossenheit setzt sich durch: sie gewinnt den 1.Satz mit 7:4 im Tiebreak. Auf höchstem Niveau wird auch im zweiten Satz gekämpft. Die Russin erhöht noch einmal das Tempo, setzt sich knapp mit 6:4 durch. Im 3.Satz gibt Kerber alles, riskiert noch mehr und kontert mit bedingungslosem Einsatz. Sie geht 5:2 in Führung, vergibt den ersten Matchball. Sharapova, für die „Tennis eine Schlacht“ ist, beweist unbedingten Siegeswillen, holt auf 4:5 auf. Angie lässt sich nicht beeindrucken, macht die ersten drei Punkte in Folge bei Aufschlag Sharapovas. Verliert diese drei Matchbälle in Folge, weil Maria mit allem Willen dagegensetzt und selbst punktet. Angelique verliert nicht die Nerven, erspielt sich den vierten und fünften Matchball. Ein Tennisthriller mit höchsten Ansprüchen wird dem begeisterten Publikum geboten! Beim siebten Matchball der Kielerin spielt das Energiebündel Sharapova einen Grundschlag in das Aus. Angie Kerber hat nach bravouröser Leistung als zweite Deutsche das Viertelfinale erreicht!
Auf Court 1 war die Tschechin Lucie Safarova in der Zwischenzeit durch einen überlegenen 6:3, 6:2-Sieg über die Russin Ekaterina Makarova auch in die Runde der letzten Acht vorgedrungen.
Roger Federer bestätigte die These von der Dominanz der Elite bei den Herren in seinem Achtelfinalspiel gegen Tommy Robredo. Bei seinem überzeugenden Gewinn (6:1, 6:4, 6:4), blieb er weiter ohne Satzverlust in Wimbledon 2014!
Freund und Landsmann Stanislas Wawrinka beeindruckte ebenso in seinem Achtelfinalsieg (7:6, 7:6, 6:3) gegen den Spanier Feliciano Lopez.
Der Kanadier Milos Raonic zog mit 34 Assen und einem 4:6,6:1, 7:6 und 6:3-Sieg über den Japaner Nishikori auch in das Viertelfinale der Herren ein.
Nick Kyrgios hatte mit Erreichen des Achtelfinals in Wimbledon sein Saisonziel 2014 schon realisiert. Gegen Rafael Nadal wollte er noch einen weiteren Schritt gehen. Der Spanier hält sich auch im vierten Spiel auf Rasen in Wimbledon an das Gesetz der Serie: er verliert den Auftaktsatz. Von Beginn an spielte Krrgios beherzt und aggressiv und setzte sich mit 7:5 in dem Tiebreak des 1.Satzes durch. Alles scheint sich zu normalisieren, als sich der Spanier im 2.Satz mit 7:6 durchsetzt. Doch der junge Aussie agiert weiterhin mit unbändigen Siegeswillen und Entschlossenheit. Kein Zögern, keine Angst vor dem Mißerfolg kurz vor Erreichen des Ziels beeinträchtigt seine Aktionen. Er nutzt fokussiert jede Chance und schafft die Überraschung, als er den dritten Satz mit 7:6 und den vierten Durchgang mit 6:3 gewinnt. Die erste große Sensation in der Herrenkonkurrenz von Wimbledon 2014 ist perfekt! Respekt vor dem vorbildlichen Mut, dem geistesgegenwärtigen „Zupacken“ und dem zielstrebigen Siegeswillen des noch unerfahrenen Australiers!
Nach vor Ende dieses Tennisdramas wurde das Viertelfinale der Damen in der Begegnung der beiden Tschechinnen Petra Kvitova und der Tschechin Strycova vervollständigt. Petra Kvitova sicherte sich den letzten Platz unter den besten Acht von Wimbledon mit einem 6:1 und 7:5- Sieg.
An diesem Tag in Wimbledon wurde „Großes Tennis“ präsentiert – gekrönt von sensationellen Ergebnissen. So macht das Spaß – so kann es weitergehen.