Das Auftaktspiel der Fed Cup-Teams in der Weltgruppe mit Australien hat in den Medien keinen Sturm ausgelöst – eher ein laues Lüftchen. Fußball-Bundesliga und Alpine Ski-Weltmeisterschaft stehen eher im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit – Biathlon und Skispringen folgen mit Abstand. Die wenigen Journalisten, die sich mit dem Auftritt unserer Damen beschäftigten, sind sehr kritisch mit der Leistung von Angie Kerber umgegangen, haben den Einsatzwillen von Andrea Petkovic freundlich gelobt, aber haben die Dramatik des Geschehens kaum gewürdigt. Das könnte damit zusammenhängen, dass die Autoren nicht über genügende Kenntnisse verfügen, um zu differenzierteren Aussagen zu kommen.
Die Begegnung Deutschland gegen Australien hatte am ersten Tag außergewöhnlichen Sport geboten. Beide Einzel gingen über die volle Distanz, die Sieger sind über sich selbst hinausgewachsen, die Verlierer haben „bis zur letzten Patrone“ gekämpft. Die Gastgeber waren in Stuttgart schon fast auf verlorenem Posten, haben dann doch ausgeglichen. Dass der Gegner Australien über ein starkes Team verfügte, war schon vor dem Spiel bekannt. Für den nationalen Sportjournalismus wäre es von Vorteil, über die eigene Nasenspitze hinaus zu beobachten. Das wäre auch deshalb hilfreich, weil man auf diese Art auch die Leistungen der internationalen Gegner besser einschätzen könnte.
Kommen wir zum Geschehen am Entscheidungstag: Durch den hart erkämpften Ausgleich hatten die Deutschen vielleicht sogar einen kleinen Situationsvorteil errungen. Die nach mehr als 3 Stunden Spielzeit unterlegene Samantha Stosur musste als erste Australierin gegen Angie Kerber, die sich viel länger von den psychischen und physischen Strapazen ihres Matches erholen konnte, im Auftakteinzel auf den Platz. Beide Spielerinnen beginnen nervös – die Verunsicherung aufgrund der Niederlagen ist deutlich zu spüren. Angie fängt sich früher. Ihr gelingen einige Siegschläge. Nach 2:2 gewinnt sie 4 Spiele in Folge und den Satz mit 6:2. Die Faust wird geballt, das Team springt hinter der Bank auf und empfängt sie mit lautstarker Anfeuerung.
Auch im zweiten Satz ist die Kielerin bemüht, bei jeder Gelegenheit die Initiative zu ergreifen. Im Gegensatz zur gestrigen Partie schwingt sie viel entschlossener und freier. Bei 4:4 gelingt der Deutschen ein wichtiges Break. Angelique lässt sich den Sieg nicht mehr nehmen: mit 6.4 im zweiten Satz bringt sie Deutschland mit 2:1 in Führung.
Andrea Petkoviv kann im nächsten Einzel mit einem Sieg über die „Wundertüte“ Jarmila Gajdosova schon für den Einzug des deutschen Teams in das Halbfinale sorgen.
Andrea ist nach dem letzten Einzelsieg wieder selbstsicherer geworden. Sie spielt von Anfang an entschlossen. Die Australierin agiert gewohnt unbekümmert und aggressiv. Petko versucht selbst Dominanz zu gewinnen, kontert aber auch sehr gut. Noch unterlaufen Gajdosova zu viele Fehler – die Deutsche gewinnt den Satz mit 6:3.
Im zweiten Satz hat die 26-jährige Australierin den Rhythmus ihrer Schläge gefunden. Sie spielt sich in einem „Lauf“ und kann den 2.Durchgang mit 6:3 für sich entscheiden.
Im dritten Satz ist anfangs jeder Punkt umstritten. Der Australierin gelingt ein frühes Break, Petko breakt zurück. Gajdosova geht mit 4:2 in Führung. Das Publikum feuert Andrea an. Die ist ein Resilienz-Phänomen. Sie holt auf gegen eine Gegnerin, die diesmal nicht auffällig nachlässt, geht sogar 5:4 in Führung. Die australische Wundertüte lässt sich nicht beirren, sie gleicht aus. Bei 7:6-Führung für Petkovic setzt die Deutsche mit erhöhtem Druck dagegen, breakt ihre Gegnerin, gewinnt den 3.Satz und das Match mit 8:6, und führt Deutschland in das Halbfinale der Weltgruppe, voraussichtlich gegen Russland.
Das deutsche Fed-Cup-Team ist ein Vorbild für Einsatzwillen und Kampfgeist!