Nach der ersten Runde der Gruppenspiele bei den ATP Finals in London haben sich die Favoriten herauskristallisiert. Da thront wieder in der englischen Hauptstadt Novak Djokovic über allen Konkurrenten. Roger Federer und Andy Murray spielten in der O2-Arena auch vielversprechend auf und setzten Signale, dass sie dem Serben die Titelverteidigung streitig machen könnten.
Am dritten Tag des Saisonabschlussturniers war die zweite Spielrunde in der Stan Smith-Gruppe angesetzt. Für alle jungen Tennisfans: Der Amerikaner Stan Smith war der erste Profi, der die ATP World Tour Finals im Jahr 1970 gewinnen konnte.
Der Rumäne Ilie Nastase, der der zweiten Gruppe den Namen gegeben hat, gewann das prestigereiche Turnier drei Mal nacheinander von 1971 bis 1973 und holte sich 1975 den Titel ein viertes Mal.
Von den acht besten Spielern der Saison, die in diesem Jahr in London antreten, haben nur zwei bisher die Finals gewonnen: Novak Djokovic vier Mal, Roger Federer sogar sechs Mal. In den letzten drei Jahren hatte sich immer der Serbe durchgesetzt. Die Auslosung hatte jetzt ergeben, dass die beiden Champions in der gleichen Gruppe spielen und am Dienstag zur ersten Schlacht gegeneinander antraten. „Unsere Partien entwickeln sich immer so, dass beide gezwungen sind, ihr bestes Tennis zu spielen.“´, charakterisierte Djokovic die Qualität ihrer Begegnungen. Das Publikum in der ausverkauften O2-Arena konnte sich auf ein hochklassiges Match freuen.
Bevor es zu diesem Duell kam, trafen die Verlierer der ersten Spielrunde der Stan Smith-Gruppe, Kei Nishikori und Tomas Berdych, aufeinander. Der Angriff des Japaners auf die absolute Spitze im Welttennis ist den letzten Monaten – auch wegen einiger Verletzungen – „ins Stocken gekommen“. Der Tscheche hat in der nahen Vergangenheit wieder zu seiner außerordentlichen Solidität zurückgefunden. Ihm fehlt aber wohl doch ein Schuss Genialität, um sich bei den bedeutendsten ATP-Turnieren den Titel zu holen.
Das Match bot dann von Anfang an beeindruckende Grundlinienduelle auf ebenbürtigem Niveau. Bis 5:5 brachten beide Kontrahenten ihre Aufschlagspiele durch – Berdych musste bis dahin schon 4 Breakbälle abwehren. Dann gelingt Nishikori endlich ein Break, er gewinnt sein Aufschlagspiel und den Durchgang nach 70 Minuten Spielzeit 7:5. Der längste Satz, der bisher in London gespielt wurde!
Im 2.Satz geht der japanische Volksheld gleich 2:0 in Führung, dann reißt der Faden in seinem Spiel. Der Tscheche gewinnt 5 Spiele in Folge und den zweiten Durchgang 6:3.
Im entscheidenden Satz bringen beide Spieler bis zur 4:3- Führung Nishikoris ihre Aufschlagspiele durch. Dann wird der Tscheche gebreakt, der Japaner setzt sich mit 6:3 nach mehr als zweieinhalb Stunden Spielzeit durch und hat sich die Möglichkeit offen gehalten, sich noch für das Semifinale in London zu qualifizieren.
Nach diesem ersten Dreisatzmatch in London kam es in der Stan Smith-Gruppe zu der mit Spannung erwarteten Partie, die viele Fachleute auch als Endspiel der ATP Finals 2015 erwarten: Djokovic und Federer, die beiden überragenden Spieler des Jahrzehnts, gingen auf den Court, in der bis auf den letzten Platz gefüllten O2-Arena.
Die Begegnung hielt, was sie versprochen hatte. Federer schlägt überragend auf. Mit direkten Assen und erfolgreichen Kick-Variationen setzt er den Djoker unter Druck, nutzt in den Ballwechseln jede Möglichkeit zum Angriff. Djokovic begeistert mit fast fehlerlosen, variantenreichen Grundlinienspiel und gewandter Beinarbeit. Bis zur 6:5-Führung des Schweizer Tennisästheten verliert keiner der Kontrahenten seine Aufschlagspiele. Dann erkämpfte sich der entschlossen auftretende Weltranglistendritte den ersten Break- und Satzball in diesem Durchgang. Der Weltranglistenerste wehrte ab. Den zweiten Satzball verwandelte Federer zum 7:5-Satzgewinn.
Der Schweizer nahm den Schwung in den 2.Satz mit und ging gleich 2:0 in Führung. Dann wurde er zum ersten Mal in der Partie von seinem Kontrahenten gebreakt. Djokovic glich zwar auf 2:2 aus, aber Roger startete unbeirrt seine nächste Serie und ging 5:2 in Führung. Im nächsten Aufschlagspiel erkämpft er sich den ersten Matchball. Nach einem faszinierenden Ballwechsel mit 25 Schlägen wurde er von dem Serben abgewehrt. Bei eigenem Aufschlag ließ sich Federer das Heft nicht mehr aus der Hand nehmen, verwandelte seinen zweiten Matchball und siegte unter dem Jubel des Publikums mit 6:2 im zweiten Durchgang.
Die Siegesserie des Serben von 24 Matches wurde jetzt von dem Schweizer gestoppt. Er war im Endspiel von Cincinatti auch derjenige, der den serbischen Ausnahmespieler in diesem Jahr zuletzt bezwingen konnte.
Die beiden werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit in London noch einmal zum nächsten Duell antreten sehen.
Für alle, die keine Live-Bilder verfolgen konnten, einige Szenen des Matches der Champions: