Nach dem ersten Tag des Fed Cup-Relegationsmatches zwischen Rumänien und Deutschland in Cluj stand es – wie erwartet – Unentschieden. Am Sonntag kam dem ersten Einzel zwischen den beiden Spitzenspielerinnen Angelique Kerber und Simona Halep eine vorentscheidende Bedeutung zu. Den deutschen Optimismus dämpfte die Tatsache, dass die Kielerin in den bisherigen drei Auseinandersetzungen noch kein Match gegen die Rumänin gewinnen konnte.
Das rumänische Publikum wusste um die Bedeutung der Partie. Jeder Punkt ihrer Nationalheldin wurde von Anfang an frenetisch bejubelt. Die Taktik der Deutschen nr.1 ist darauf ausgerichtet, die Initiative zu ergreifen. Dabei unterlaufen ihr zwar zu Beginn einige Fehler, aber sie steigerte sich und erkämpfte sich eine beruhigende 3:1- Führung. Halep warf frustriert ihren Schläger auf den Boden. Sie war aber sofort wieder im Match, breakte die Kielerin im nächsten Spiel. Angie blieb entschlossen, ihr gelang sofort ein Rebreak und sie erhöhte nach ihrem hart umkämpften Aufschlagspiel auf 5:2. Auch bei Aufschlag der Rumänin gelangen ihr einige überragende Punkte und sie sicherte sich den 1.Satz mit 6:2. Bisher sahen wir eine Weltklasseleistung unserer Australian Open-Gewinnerin.
Halep wirkte im Anfangssatz sehr angespannt und unzufrieden, machte die Schiedsrichterin zur Marathonläuferin, weil sie Entscheidungen gegen sich permanent anzweifelte und die Unparteiische vom Stuhl holte, um die Ball-Abdrücke zu kontrollieren.
Im 2.Satz unterlief der Deutschen ein Fehlstart – sie wurde sofort gebreakt. Kerber schlug gleich zurück. Bevor ihre Gegnerin neues Selbstvertrauen tanken konnte, nahm sie ihr das Aufschlagspiel ohne Punktverlust ab und brachte ihr eigenes Aufschlagspiel mit unermüdlichem Einsatz und tollen Gewinnschlägen durch. Halep gab sich nicht geschlagen – jeder Punkt war jetzt in diesem Match auf höchstem Niveau umkämpft. Angie ist ein Phänomen an Ausgeglichenheit und Entschlossenheit: sie war immer die entscheidende Nuance besser und ging 5:2 in Führung. Der Siegeswillen Angies ist unbeugsam: Sie gewinnt auch das nächste Spiel, den 2.Satz mit 6:2 und das gesamte Match. Mit einer Weltklasse- Vorstellung bringt die Kielerin Deutschland 2:1 in Führung. Das Abstiegsgespenst schien verscheucht.
Im heutigen Match zeigte Angie Kerber einen weiteren Fortschritt in ihrem Leistungsvermögen auf: Sie war seit Jahren die vielleicht beste Konterspielerin auf der WTA-Tour – gegen die Weltranglistesechste bewies die deutsche Nr.1, dass sie inzwischen auch ein Match auf höchstem Niveau dominieren und im entscheidenden Moment auch unerreichbare Gewinnschläge erfolgreich spielen kann. Schade, dass die deutsche Öffentlichkeit diese grandiose Spitzenleistung nicht am Fernseher mit verfolgen konnte…
Angies Freundin Andrea Petkovic konnte im anschließenden Einzel gegen Monica Nicolescu (WTA Nr.31), die kurzfristig als zweite rumänische Einzelspielerin nominiert worden war, mit einem Sieg dafür sorgen, dass das Abstiegsgespenst endgültig in die dunklen Wälder Transsilvanien verbannt werden würde. Andrea wusste um die Bedeutung ihres Matches – trat am Anfang sehr angespannt auf, kassierte sofort ein Break und lag nach knapp verschlagen Gewinnschlägen schnell 0:3 zurück. Die 28-Jährige aus Bukarest war total „under fire“, nach jedem erfolgreichen Punkt peitsche sie das ohnehin schon fanatische Publikum auf und baute den Vorsprung auf 5:0 aus.“Petko“ hatte unser Mitleid: Sie wusste, dass sie ihre Gegnerin unter Druck setzen musste, wurde dabei hektisch und ihr unterliefen ungewöhnlich viele leichte Fehler. Sie verlor den 1.Satz 0:6. Gutes Coaching war in der Satzpause gefragt.
Im 2.Satz änderte die Darmstädterin auch ihre Taktik: Sie zog das Spiel jetzt konzentriert und ruhig über die Vorhand ihrer Kontrahentin, die ausnahmslos nur Slicebälle im ersten Durchgang auf dieser Seite spielte, auf. Das verhalf erst einmal zum ersten Spielgewinn und zur 1:0-Führung der Deutschen. Die Rumänin setzte jetzt vermehrt gefühlvolle Stopps ein, glich aus. Andrea variierte jetzt, griff öfters auf die langsame Vorhand ihrer Gegnerin an und ging 2:1 in Führung. Das Geschehen erforderte eine große Herausforderung an die Geduld und gleichzeitig an die Entschlossenheit der deutschen Nr.2. Das meisterte sie bis zur 4:1- Führung. Dann verkürzte die Rumänin auf 3:4 – eine Zitterpartie! Das berühmt-berüchtigte Momentum schien sich zu drehen. Nicolescu glich auf 4:4 aus. Andrea widersetzte sich dem Trend, ging 5:4 in Führung. Dann produzierte sie wieder mehr unnötige Fehler, geriet 5:6 in Rückstand. Sie wehrte bei Aufschlag Nicolescus und 40:15 zwei Matchbälle ab, gewann das Spiel noch. Im Tiebreak drehte Petko auf, setzte sich deutlich mit 7:2 durch.
Nach 2 Sätzen waren knapp zwei Stunden gespielt – am Vortag hatte Petkovic fast drei Stunden gegen Halep gekämpft. Würden ihre Kräfte im 3.Satz reichen?
Das nervenaufreibende Geschehen setzt sich im entscheidenden Satz fort. Obwohl Nicolescu sich immer wieder die Tränen der Enttäuschung vom Gesicht wischen muss, gibt sie nie auf. Obwohl die Deutsche das Match bestimmt, kann die Rumänin die Partie ausgeglichen halten. Bis zur 4:3-Führung der Deutschen konnte keine Spielerin im 3.Satz ein Aufschlagspiel durchbringen. Petko gelang dann bei eigenem Aufschlag die Serie zu brechen und ging 5:3 in Führung. Nach 2 Stunden und 37 Minuten verwandelte Andrea Petkovic ihren ersten Matchball. Sie siegte 0:6, 7:6 und 6:3, holte den dritten Punkt und sorgte dafür, dass Deutschland in der Weltgruppe bleibt.
Ein hartes Stück Arbeit, aber ein verdienter Erfolg unserer willensstarken Damen!