“Clubporträt SpVgg Trunstadt”

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In den letzten Posts haben wir öfters auch die Lethargie der Tennisszene in Deutschland thematisiert. Natürlich haben wir uns auch kritische Gedanken über unsere eigene Rolle gemacht und uns die Frage gestellt, ob wir nicht auch direkter und konkreter agieren sollten. Aus diesem Brainstorming ist die Idee entstanden, die Basis des deutschen Tennislebens, die Vereine, in unserem Blog mehr in den Blickpunkt zu rücken. Wir werden jetzt eine Serie starten, in der über das Jahr immer wieder außergewöhnliche Tennisclubs aus dem gesamten Bundesgebiet vorgestellt werden. Dabei werden wir auch erfolgreiche Großvereine aus den Metropolen präsentieren, aber wir wollen keinesfalls die kleineren Tennisclubs aus der Provinz vergessen, die seit Jahren mit höchstem Einsatz um ihr Überleben kämpfen. Deshalb beginnen wir auch unsere Serie mit einem kleinen fränkischen Verein, der mit sympathischen und vielleicht auch zukunftsweisenden Mitteln sein Überleben erst einmal gesichert hat.

Allen Lesern, denen die Zukunft ihres Vereins am Herzen liegt, empfehlen wir den folgenden Text. Einige Aktivitäten dieser verschworenen Gemeinschaft, aber auch das Grundkonzept, sind unseres Erachtens für Tennisvereine in ähnlicher Situation nachahmenswert.

Wir waren vor Ort und haben uns selbst einen Eindruck gemacht.

Angesichts der sinkenden Mitgliederzahlen in den Vereinen hatte der Bayerische Tennis-Verband die Entscheidung getroffen, Vereinsberater einzusetzen, die den Clubs Hinweise zur Verbesserung ihrer Situation geben sollten.

Der Oberfränkische Tennis-Bezirk hatte seinen Vereinsberater im Spätsommer 2008 nach Trunstadt, einem idyllischen Flecken am Main, vor den Toren Bambergs, geschickt.

Jürgen Friedberger, der Vorsitzende der Tennisabteilung der Spielvereinigung Trunstadt, hatte diesen Berater am Vereinseingang in Empfang genommen, ihn über die Anlage geführt und von den damaligen Aktivitäten im Verein berichtet.

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Als man sich gemeinsam auf der Veranda des Clubhauses niederließ, um die Perspektiven der Tennisabteilung zu diskutieren, begann und beendete der offizielle Berater seine Unterweisung mit zwei Sätzen:

„Ihr habt hier alles richtig gemacht! … Wie habt ihr diese Fortschritte denn erreicht?“

Jürgen Friedberger übernahm wieder die Gesprächsführung und erzählte dem Verbandsoffiziellen, was alles unternommen worden war, um weiterhin stabile Mitgliedszahlen vorweisen zu können und die Fortführung des Spielbetriebs zu sichern.

Es wird erzählt, dass der oberfränkische Vereinsberater bei seinen weiteren Visiten der Tennisclubs dieser Region allen Vereinen, denen aus der Misere geholfen werden sollte, die Unternehmungen der SpVgg Trunstadt als eine Möglichkeit zur Nach-ahmung empfahl…

Die Tennisanlage der Tennissparte von Trunstadt liegt außerhalb des Ortes und besitzt drei gut gepflegte Sandplätze und ein gemütliches Clubheim. Der Vorsitzende Jürgen Friedberger(64 J.) war 47 Jahre Finanzbeamter und hat sich vor einem Jahr in die Freistellung der Altersteilzeit begeben. Vierzig Jahre lang hatte er erfolgreich Tischtennis gespielt – seine Liebe aber galt insgeheim dem Tennissport. In jungen Jahren hatte er beim exklusiven TC Bamberg Bälle gesammelt, später mit Begeisterung viele Heimspiele der Bundesligamannschaft des Renommierclubs besucht und hatte dann vor 22 Jahren selbst mit Tennis in seinem Wohnort Trunstadt angefangen. Nach einigen Jahren der Mitgliedschaft hatte er den Vorsitz der 1976 gegründeten Tennisabteilung übernommen.

Sein Schwiegersohn Tobias (40J.), Marketingleiter eines orthopädischen Unternehmens, hatte auch als Balljunge bei den Bundesligaspielen des TC Bamberg angefangen, war dann zum Besaiter des Bundesligateams aufgestiegen und hatte schließlich als Assistent des Sportdirektors den Verein mit zum Gewinn der deutschen Vizemeisterschaft im Jahre 1992 geführt.

Die beiden Tennisenthusiasten berichten dann stolz von der Entwicklung ihres kleinen Vereins.

„2002 hatte die Tennisabteilung ihren Tiefpunkt erreicht. Die Mitgliederzahl war stetig gesunken. Knapp 100 Mitglieder spielten noch regelmäßig Tennis. Wir erkannten, dass die eingefahrenen Wege verlassen werden mussten und dass wir neue Ideen, die unseren Verhältnissen angemessen waren, umsetzen mussten. Wir waren uns klar, dass wir uns ganz einfach stärker engagieren sollten!“, berichtet Jürgen Friedberger.

Mit „Herz und Hand“ – und mit Verstand – wurden dann zahlreiche Unternehmungen gestartet, die neues Leben in den Verein bringen sollten. Wir zählen hier nur einige davon auf:

Um die Wintersaison zu überbrücken, organisierten Jürgen und seine Mithelfer ein Fitnesstraining für alle Tennismitglieder in der Schulturnhalle.

Man nutzte diese Turnhalle auch für das neu strukturierte Jugendtraining. Der Finanzbeamte Jürgen übernahm selbst den Trainerposten – assistiert von seiner Tochter Alexandra (die heute als Lehrerin mit Tobi Strodtbeck verheiratet ist und inzwischen drei Kinder zur Welt gebracht hat, die alle auch schon bei der SVGG Trunstadt Tennis spielen.).

Man startete eine Kooperation mit dem Kindergarten und natürlich griff der Vorsitzende wieder zum Schläger und gab den Kleinsten ein Mal wöchentlich Tennisunterricht.

Jahr für Jahr wird für alle Mitglieder eine gemeinsame Städtereise geplant und durchgeführt. 

Seit 2011 übernimmt die Tennisabteilung die Gestaltung des größten Festes im Ort – des „Trunstädter Faschingballs“. Der dabei erzielte Überschuss wird dem Tennisverein zugeführt, der diese Gelder wieder in neue Projekte investiert, zum Beispiel in die Materialien zur Erweiterung und Renovierung des Clubheims, bei dem die Mitglieder in Eigeninitiative „selbst Hand anlegen“.

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Verschiedene Events für die Mitglieder, die heute regelmäßiger Bestandteil des Vereinslebens geworden sind, wurden initiiert: ein Familientennistag, ein Pfingstturnier, die Einrichtung eines Moonlight-Turniers, das am späten Abend gestartet wird und spätnachts bei der gemeinsamen Feier seinen feucht-fröhlichen Abschluss findet.

„Wir haben sogar Flutlicht!“, greift Tobias lächelnd ein, als sein Schwiegervater von diesem Turnier erzählt.

Längst zur Tradition ist auch der jährliche Ausflug der sogenannten „Donnerstagsrunde“ (6 Doppelpaarungen)zu verschiedenen Attraktionen der fränkischen Umgebung geworden.

„Das Gesellschaftliche steht im Vordergrund! Der familiäre Charakter prägt die gesamte Abteilung. Die Mitglieder sollen sich wohlfühlen. Ich glaube, das ist uns gelungen: der Zusammenhalt im Verein ist ziemlich einmalig in der gesamten Region“, beschreibt Jürgen Friedberger die Atmosphäre dieser Veranstaltungen.

Durch diese vorbildlichen Aktionen hat sich der Verein jetzt Schritt für Schritt aus der Talsohle herausgearbeitet.

„Gegenwärtig haben wir wieder über 130 Mitglieder“, stellt der Vorsitzende sachlich fest.

Sein Schwiegersohn wird etwas emotionaler: „ Das Besondere ist der Sinn für Gemeinschaft in unserem Verein. Bei den Punktspielen ist die Anlage immer voll mit heimischen Zuschauern. Wenn das Herrenteam spielt, sind die spielfreien Damenmannschaften und die anderen Herrenteams fast vollständig versammelt. Umgekehrt ist das genauso. Die Mannschaften unterstützen sich gegenseitig.

Das gilt auch für das Training: die starken Herrenspieler trainieren die Damen, die spielstärksten Damen trainieren wiederum den Jugendbereich.“

Beim Thema Training ergreift wieder Jürgen das Wort:

„Weil der Trainingsbetrieb so angewachsen ist, fehlen uns manchmal Plätze. Wir haben dann Plätze bei Nachbarvereinen angemietet, deren Plätze leer stehen. Die freuen sich über die geringfügige Platzgebühr, die wir ihnen zukommen lassen.“ Gemeinsam voran.

Mit stolzen Augen weist er noch darauf hin, dass für alle Kinder das Training im Sommer wie im Winter kostenlos ist.

Auf die Frage, wie das alles erwirtschaftet werden kann, antwortet der ehemalige Finanzbeamte lakonisch: „Mein Schatzmeister ist ein ehemaliger Banker! …“

Sein Schwiegersohn stellt noch andere Zusammenhänge heraus:

„Fast alles bei uns wird in Eigenleistung erstellt: Der Ausbau des Clubhauses, die Dachsanierung, die Instandhaltung der Anlage, das Schneiden der Hecke, die Tennisplatzaufbereitung und sämtliche Reparaturen. Durch die Tatkraft der Clubgemeinschaft  fallen in diesen Bereichen nur Materialkosten an.“

Mit stolzem Lächeln fügt er noch hinzu: „Natürlich ist auch das Vereinswappen am Eingang der Anlage von einem künstlerisch begabten Mitglied unseres Vereins gestaltet worden.“

Auf die kritische Frage nach Schwierigkeiten in der Gegenwart, zögern die Gesprächspartner mit der Antwort, denken nach, suchen nach möglichen Problemen.

Nach einiger Zeit ist Jürgen fündig geworden:

„Das Verhältnis von Mädchen und Jungen ist ungünstig. Mehr als 70 Prozent der Jugendlichen sind Mädchen. Die Buben gehen vorrangig zum Fußball.“

Tobias sieht gewisse Probleme für die Zukunft: „Ohne Trainer aus dem Leistungssport verlieren wir bald unsere besten Talente an die umliegenden Großvereine mit professionellen Trainern.“

Gelassen wird er von seinem Schwiegervater und Vorsitzenden in seinen Ausführungen unterbrochen: „Unsere Mitglieder haben überhaupt nicht einen derartigen Anspruch. Ihre Kinder sollen einfach nur spielen, sich bewegen. Ich halte das auch für gesund – in jeder Hinsicht.“

In der Zwischenzeit haben sich auch einige andere Mitglieder eingefunden und lauschen dem Gespräch. Bei dem letzten Thema beteiligen sie sich zurückhaltend, und schnell ist man sich einig, als das Ziel für die Zukunft formuliert wird: Der Mitgliederstand soll gehalten werden. Die Spielfreude soll weiterhin im Vordergrund stehen.

In der Tennisidylle Trunstadt wird der Tennisverein in bescheidener, ruhiger und herzlicher Manier geführt. Um die Zukunft dieser Tennisabteilung braucht man sich – wenn der Führungsstil beibehalten wird – wohl keine großen Sorgen machen.

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