“Der Mann hinter Lisicki, Kerber und Wawrinka”

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1 Teil:  Sabine Lisicki

Fast alle Spieler auf der ATP- oder WTA-Tour kennen den freundlichen und gut aussehenden Japaner, der die Schlägerfirma YONEX als Scout international vertritt. Kaum einer kennt allerdings seinen vollen Namen: Takamitsu Hamaura. Für alle – ob WILSON-, BABOLAT- oder PRINCE-Spieler – ist er immer „Taka“. Sein Markenzeichen und gleichzeitig ein Gütezeichen. Der weltoffene Japaner – und das wissen die Profis meist nicht – hat den Durchbruch seiner Karriere in Deutschland realisiert. Als junger Mann, der erfolgreich auf der ITF-Junior-Tour gespielt hatte, verließ er seine fernöstliche Insel von einem Tag auf den anderen und stürzte sich in das Abenteuer Europa, um weitere Erfahrungen zu sammeln. Er landete zuerst in Schweden, arbeitete als Trainer im Trainingscamp in Helsingborg, hatte dort mit späteren Weltklassespielern zu tun und erhielt dann einen Ruf aus Hamburg, um als Privattrainer zwei deutsche Talente in die internationale Spitze zu führen. Er trainierte dann auch Spitzenteams aus dem Norden Hamburgs, arbeitete immer enger mit der japanischen Badminton – und Tennisfirma YONEX – mit dem Europasitzsitz in Willich bei Düsseldorf- zusammen, unterstützte die Familie Zverev in ihrem professionellen Tennisambitionen und ist jetzt seit Jahren der weltweit allein verantwortliche Chefscout des japanischen Schlägerherstellers. Hingis, Hewitt, Nalbandian hatten in ihm einen vertrauenswürdigen Partner gefunden. Heute ist er der Mann hinter Lisicki, Kerber, Tomic und Wawrinka.

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Wir kennen den jetzt 40-jährigen Taka, seitdem er im Raum Hamburg seine Zelte aufgeschlagen hatte. Es lag also nahe, ein Treffen mit ihm zu arrangieren, seine Kenntnisse „anzuzapfen“ und ihm Hintergrundwissen zu entlocken. Wir hatten ein Interview über einen Zeitraum von maximal 2 Stunden vereinbart. Nach vierstündigem Gespräch schauten wir zum ersten Mal auf die Uhr und entdeckten, dass wir alle längst einige private Termine verpasst hatten. Wir nahmen dieses Versäumnis leichter in Kauf, weil wir interessante Informationen und eine Menge neuer Anregungen erhalten hatten.

Wegen dieser Fülle an Material haben wir darauf verzichtet, unser Treffen in Interviewform widerzugeben und uns entschieden, in drei Folgen, die wir unter thematischen Schwerpunkten zusammenfassen, unseren Lesern von dem Meeting zu berichten. Aus naheliegenden Gründen beginnen wir in diesem aktuellen Post mit dem Thema Sabine Lisicki.

Auf unsere Eingangsfrage nach Sabine Lisickis Erfolgsserie in Wimbledon, antwortete Taka mit dem Satz: „Sie hatte viel Glück in Wimbledon“ Dann erklärte er näher: „Einige Matches hingen am seidenen Faden. Zu unser aller Überraschung hat sie einige Spiele noch gedreht, als wir längst der Auffassung waren, dass sie jetzt verlieren wird. Das hing sicherlich mit ihrem unermüdlichen Einsatz und unbedingten Siegeswillen zusammen. In dieser Eigenschaft ist sie herausragend auf der WTA-Tour. Darüber hinaus besitzt sie eine außerordentliche Schlagpower. Bei ihrem Siegeszug in das Finale spielte auch eine entscheidende Rolle, dass sie sich immer wohl fühlt, wenn sie in Wimbledon auftritt“. Anders ausgedrückt: wenn Boris Becker Wimbledon als sein Wohnzimmer bezeichnet, so ist Wimbledon für Sabine Lisicki die Bühne, wo sie Jahr für Jahr die besten Leistungen aus sich herausholt. Längst hat sie dort auch ein begeistertes Publikum gewonnen. Gerade die Engländer bewundern die Power und die Emotionen der blonden Deutschen. Auf den Flügeln dieser Identifikation und dieser Begeisterung segelte sie dieses Jahr in das Finale. Im Zusammenhang mit dem Finale äußerte Taka eine für ihn untypische, weil gewagte, Behauptung: „Wenn sie am nächsten Tag das Endspiel gespielt hätte, hätte sie gewonnen! Dann hätte ihr „Flow“, ihr „Lauf“, sie unbekümmert zum Sieg getragen. Der Tag Pause vor dem Endspiel war keine Erholung, es war eine Unterbrechung. Plötzlich hatte sie Zeit nachzudenken. Ihr wurde bewusst, welche Bedeutung sie für das deutsche Tennis gewonnen hatte. Auf einmal entdeckte sie, welch schwere Verantwortung sie ganz allein zu tragen hatte. Ihre Siegeszuversicht und Unbekümmertheit ging verloren und sie empfand von Minute zu Minute mehr Druck.“

Die Auskunft von Sabine Lisicki nach ihrer Finalniederlage, dass sie die ganze Nacht nicht geschlafen hätte, könnte die Spekulationen ihres Servicemannes bestätigen.

Dann erzählt der Chefscout uns eine interessante Episode: Als Martina Navratilova, die „Grand Old Lady des Frauentennis und neunfache Wimbledonsiegerin, Vater Lisicki nach dem grandiosen Sieg über Serena Williams auf der Anlage traf, klopfte sie ihm kurz anerkennend auf die Schulter, ging dann weiter und warf ihm noch den folgenden Satz zu: „Don’t be happy.“ Das klingt erst einmal kurios. Nach solch einem Erfolg sollte man sein Glück genießen, oder?  Die “alte Füchsin” Navratilova dachte weiter: Seid nicht zu glücklich, sammelt eure Energien, morgen wartet die nächste Herausforderung. Wenn ihr zu entspannt seid, verliert ihr das Ziel aus den Augen und ihr verpasst die einmalige Chance.

Wenn Navratilova am Tag vor dem Finale Sabine getroffen hätte, wäre wohl ein anderer Hinweis erfolgt. Vielleicht: „Don`t be afraid, tomorrow is y o u r chance to become a legend in tennis.” Die Betonung liegt auf dem persöhnlichen Fürwort “your”. Nutze Deine Chance. Vergiss alles Drumherum. Sei fokussiert.

Das Faszinierende am Tennis ist, dass Tag für Tag, Spiel für Spiel, sich die Herausforderungen ändern. Daran kann man reifen, daran kann man aber auch zerbrechen.

Unsere Nachfrage nach ihren Auftritten bei den US Open beantwortete Taka kurz und deutlich: „Sie war verletzt. Sie konnte sich nicht richtig vorbereiten.“

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Und ihre Perspektive? Taka hat das Glück, kein Deutscher zu sein, der unbedingt einen Grand-Slam-Sieg eines nationalen Profis erwartet, damit Tennis wieder seinen früheren Glorienschein in unserer Gesellschaft erhält: „Sie wird in die Top Ten der Weltrangliste vorrücken können.“ Er lächelt verständnisvoll (vielleicht mitleidig?) auf unsere drängenden Fragen nach einer Chance auf zumindest einen Wimbledonsieg von Sabine in der Zukunft und äußert sich rücksichtsvoll: „May be…“ Setzt nach einer kurzen Pause fort: „Um nachhaltig unter die Top Ten der Weltrangliste zu kommen, muss sie unbedingt ihren zweiten Aufschlag verbessern.“

Dann lässt sich der Mann aus Japan einige gut gehütete Geheimnisse entlocken: „Der Vater Lisicki ist ein feiner Mensch. Er hat nicht nur die Grundlagen im Tennis von Sabine gelegt. Er ist immer ihr sportlicher Bezugspunkt geblieben. Der Chef ist aber die Mutter. Der ruhende Pol, an dem sich die temperamentvollen beiden anderen Lisickis immer orientieren. Typisch ist eine Episode, während des Endes des Viertelfinalspiels in Wimbledon. Vor dem dritten Matchpoint griff die Mutter ein und gab Sabine mit dringlichen Handzeichen kund, dass sie jetzt sofort den Schläger wechseln sollte. Sabine rannte zur Bank und folgte beflissentlich dieser Aufforderung. Mit dem nächsten Ballwechsel gewann sie endlich das Match.“ In der folgenden Pause atmete der Erzähler durch und ordnete dann die Handlung der eher tennisunkundigen Mutter ein: „Welch ein Mut! Welch eine Intuition! Das hätte der erfahrenste Coach auf der Tour nicht gewagt. Stellt euch vor, sie hätte die nächsten Punkte mit dem neuen und noch nicht eingespielten Racket verloren…“

Wir konnten diese Vorstellung gut nachvollziehen und stimmten in sein offenes und doch nachdenkliches Lachen über diese ungewöhnliche Handlung ein.

Dann begannen wir über Angelique…

Aber davon berichten wir erst in der nächsten Folge.

2 Kommentare

  1. Wenn man nach dem Aussehen der beiden geht, dann ist das eine Fangfrage und die richtige Antwort kann nur Sommer2013 sein!!!

  2. Schmeichelhaftes Foto (Photoshop?) von euch Beiden von a: 1989, b: 1999 oder C. 2009?
    Bei einer richtigen Antwort springt ein Kaffee raus.

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