“Der Mann hinter Lisicki, Kerber und Wawrinka”

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2. Teil: “Angelique und die Königin”

Im letzten Post hatten wir von Takas Erzählungen über Sabine Lisicki und ihrem Umfeld berichtet. Noch näher müsste dem Chefscout die YONEX-Spielerin Angelique Kerber sein, weil er die Kielerin schon im zarten Alter von 13 Jahren auf ihren Jugendturnieren in Schleswig-Holstein beobachten und kennenlernen konnte.

Taka grinst spitzbübisch, wenn er auf dieses Thema angesprochen wird: „Ehrlich, diese Entwicklung hätte ich ihr nicht zugetraut! Wir waren froh, sie mit jungen Jahren unter Vertrag nehmen zu können – aber dass sie zu einer nachhaltigen Top-Ten-Spielerin der Weltrangliste aufsteigen würde, hatte ich mir nicht in den kühnsten Träumen ausgemalt.“

Er macht eine kurze Pause und sein Grinsen wird noch verschmitzter: „Ich bin mir sicher, dass das aber auch Angelique weiß!…Wir behandeln uns auf jeden Fall mit Respekt – aber im Gegensatz zu einigen anderen Profis öffnet sie sich mir gegenüber noch immer nicht ganz. Das ist vielleicht aber auch gut so.“

Sein Gesichtsausdruck wird ernster und er äußert seine Auffassung, dass ihr internationaler Durchbruch einer stark verbesserten Fitness zu verdanken sei. Er geht davon aus, dass sie sich auch in den nächsten Jahren in den Top-Ten des WTA-Rankings behaupten wird. Den nächsten Schritt in die absolute Weltspitze sieht er noch nicht gesichert:

„Angelique muss aufpassen. Sie ist jetzt voll angekommen bei Konkurrentinnen in der Weltspitze. Sie wird in ihrer Leistungsfähigkeit respektiert. Das bedeutet aber auch, dass die Topstars und ihre Teams ihr Spiel jetzt genau analysieren. Dass sie sich jetzt schon auf ihre Matchführung viel besser eingestellt haben. Alle Gegnerinnen versuchen gegenwärtig die Ballwechsel gegen sie zu verkürzen. Versuchen mehr Druck auf sie auszuüben.“

Damit hat sie gegenwärtig etwas an Dominanz in den Matches gegen die internationalen Spitzenspielerinnen verloren. Um das Heft in den Ballwechseln wieder in die Hand zu bekommen, muss nach seiner Auffassung die Kielerin ihre Power- und Killerschläge noch weiter verbessern.

Gruppenbild

Die Kielerin?

Taka berichtet uns, dass Angelique sich von ihrem Turnierstress nicht in der Hauptstadt des nördlichsten Bundeslandes erholt, sondern sich weit in ihre alte Heimat in Polen zurückzieht. „Das ist nicht in irgendeiner großen polnischen Stadt. Das ist in der Provinz, auf dem Lande. Da gibt es kaum Tennisplätze. Da sind keine adäquaten Trainingspartner. Da ist sie mit ihren Verwandten und alten Freunden allein. Dort tankt sie in aller Ruhe neue Energien auf.“

Damit unterscheidet sie sich deutlich von einigen ihrer Konkurrentinnen, wie zum Beispiel Sharapova oder Radwanska, die sich gern im Glamour der VIP-Szene aufhalten.

Apropos Konkurrenz: wir fragen unseren Gesprächspartner nach seiner Einschätzung der aktuellen Situation des internationalen Frauentennis. Er zögert keine Sekunde und behauptet: „Das ist eine eigene Welt. Der Damencircuit unterscheidet sich stark vom ATP-Zirkus. Die Männer nehmen jedes Opfer auf sich, um an die Spitze zu kommen. Da beherrschen vier absolut professionelle Sportler das Geschehen. Dann folgen vielleicht vier weitere Athleten, die auch einmal in das Finale eines großen Turniers vorrücken können Bei den Damen ist das ganz anders: da überragt Serena Williams. Ohne Drama ist sie unschlagbar!“

Wir fragen nach, was er unter „ohne Drama“ versteht und der Yonex-Scout erläutert uns, dass Serena konkurrenzlos ist, wenn in ihrem Umfeld alles stimmt. Wenn sie sich in Ruhe auf ihre Matches vorbereiten kann. Das klingt nach sporadischen Disharmonien in ihrem Team. Der polyglott-offene Taka zieht sich bei einer Nachfrage diesbezüglich auf seine japanische Herkunft zurück, lächelt – und schweigt. Nach einer längeren Atempause geht er wieder auf Serena ein: „Sie ist die Herrscherin im Frauentennis. Sie hat eine furchteinflößende Präsenz auf dem Court. Das schüchtert selbst hartgesottene Gegnerinnen immer wieder ein. Aber sie hat nicht nur diese außergewöhnliche körperliche Kraft. Sie hat eine außerordentliche Fähigkeit zur Antizipation!“

Dann gerät der YONEX-Mann ins Schwelgen angesichts der WILSON-Spielerin Williams:

„Sie ist die einzige Spielerin auf der WTA-Tour, die fast jeden Ball im Zentrum der Besaitung trifft. Das kann sonst nur Roger Federer!“

Mit diesem Vergleich hat er die US-Powerfrau nicht nur geadelt, er hat sie auf dem Thron gehoben. Serena, „Queen of Tennis“ auf Augenhöhe mit Roger Federer! Da werden einige männliche Tennisprofis in Zukunft weniger freundlich und partnerschaftlich unserem Taka gegenüber treten…

Eine Königin, die seit Jahren über ihr Reich herrscht. Da wird es Zeit für eine Revolution. Vielleicht kann die geballte Frauenpower aus Deutschland den Umsturz herbeiführen?

Unser alter Japaner geht in typischer Höflichkeit nicht direkt auf unsere nationalen Hoffnungen ein, weicht aus: „Sharapova ist die professionellste Spielerin auf der Tour. Sie hat ein klar strukturiertes und umfassendes Trainingssystem und eine unheimliche Disziplin.“ Sein Gesichtsausdruck verrät aber, dass er ihr trotzdem keinen Thronwechsel zutraut.

Dann schießt es plötzlich aus ihm  heraus: „Kvitova!“ Seine Augen leuchten kurz auf. Dann verschwinden die Emotionen aus seinem Gesicht und er analysiert wieder ganz nüchtern:

„Sie hat das Talent, eine „Nummer 1“ zu sein. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass sie das unbedingt will. Sie ist schon zufrieden, wenn ihr manchmal ein Schlag gelingt, den nur sie so produzieren kann…“

In unseren weiteren Gesprächen verließen wir das Feld des Profitennis der Frauen und wandten uns mehr der aktuellen Situation im Herrentennis zu. Der Chefscout hatte einiges zu berichten. Aber davon mehr in unserer nächsten Folge.

Bis dahin: Sayonara, verehrte Leser.

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