Bei den Barclays ATP World Tour Finals wird die Wahrscheinlichkeit eines Traumfinales zwischen Andy Murray und Novak Djokovic immer größer. Die beiden Rivalen um die Weltspitze bestritten am Sonnabend ihre Semifinal-Matches.
Um 14 Uhr Ortszeit betrat der Lokalmatador Andy Murray den Platz in der O2-Arena, um gegen Milos Raonic seine Spitzenposition in der Weltrangliste zu verteidigen.
Gutes Omen für den Schotten: er hat die letzten fünf Partien gegen den Kanadier alle gewinnen können. Zu Beginn der Begegnung punktete Murray mit tiefen Passierschlägen vor die Füße von Raonic, aber der Kanadier blieb „on fire“ und zog den Kopf mit krachenden – und selbst für Murray unerreichbaren – Aufschlägen und kompromisslosen Vorhand-Winner-Schlägen aus der Schlinge. Bei 4:4 dauert das Aufschlagspiel des Briten länger als 10 Minuten. Er beklagte vermeintliche Fehlentscheidungen des Schiedsrichters, wehrte bravourös mehrere Breakbälle ab und setzte sich noch zum 5:4 durch. Raonic glich anschließend zum 5:5 aus und breakte dann Murray zum 6:5. Entschlossen brachte der Kanadier sein Aufschlagspiel zum 7:5-Gewinn des 1.Satzes in einem Fight auf des Messers Schneide durch.
Der erbitterte Kampf setzte sich im nächsten Durchgang fort. Murray verlor sein zweites Aufschlagspiel, setzte dagegen und breakte Raonic sofort wieder zum 2:2. Im weiteren Verlauf vergab der Brite bis zum 6:6 einige weitere Breakchancen. Der Tiebreak war ein Thriller mit wahnwitzigen Ballwechseln. Jetzt setzte sich der aktuelle Weltranglistenerste mit 7:5 durch. Die O2-Arena war aus dem Häuschen.
Zu diesem Zeitpunkt waren 2 Stunden und zwanzig Minuten gespielt!
Im entscheidenden Durchgang wurde die Nervenschlacht fortgeführt. Murray kassierte bei 3:3 das erste Break. Vorentscheidend? Pustekuchen: Er gewann die nächsten beiden Spiele und servierte zum Matchgewinn. Verlor sein Aufschlagspiel. Raonic kassierte dann das Rebreak, Murray konnte bei 6:5 und eigenem Aufschlag wieder die Partie entscheiden. Verlor wieder zum 6:6. Bevor der erste Punkt im Tiebreak gespielt wurde, hatten die beiden Kontrahenten 3 Stunden und 20 Minuten gegeneinander gekämpft. In der Satzverlängerung konnte Raonic einen und der Schotte zwei Matchbälle nicht nutzen. Andy Murray setzte sich dann nach 3 Stunden und 38 Minuten Spielzeit mit 11:9 durch. Er hatte wie ein Löwe gekämpft, seinen Spitzenplatz mit enormer Willens- und Widerstandskraft verteidigt und das Finale der ATP-Finals erreicht.
Novak Djokovic musste unbedingt seine Halbfinal-Partie gegen Kei Nishikori am Samstagabend gewinnen, um Andy Murray von seinem Thron stürzen zu können. Der Serbe begann bärenstark, gewann gleich die ersten drei Spiele. Nach 28 Minuten führte er 5:1. Bei 40:15 vergab er zwei Matchbälle, verwandelten den dritten und hatte den 1.Satz deutlich mit 6:1 für sich entschieden.
Auch im nächsten Durchgang gelang dem Serben ein perfekter Start: Er breakte sofort den Japaner, gewann sein Aufschlagspiel souverän und nahm seinem Gegner auch die nächsten zwei Spiele ab, bevor Nishikori seinen eigenes Aufschlagspiel zum 1: 4 durchbringen konnte. Der Djoker gab das Heft nicht mehr aus der Hand und zog nach 66 Minuten Spielzeit mit 6:1 und 6:1 in das Finale der ATP-Finals in London ein.
Der Herausforderer Djokovic hat im Gegensatz zur aktuellen Nr.1 der ATP in den letzten beiden Matches viele Energien für das Traumfinale gespart. Auch das kann entscheidend sein für den morgigen Kampf um die Weltspitze.