Seitdem graue Wolken den Himmel über Australiens Metropole bedecken und die brutale Hitze verscheucht haben, erleben wir bei den Australian Open bittere Abschiede. Am Dienstag traf es Serbien: Ana Ivanovic schied aus und auch ihr Landsmann, der Tennisperfektionist Nole Djokovic, wird bezwungen. Beide gingen als vermeintliche Favoriten in ihre Matches, beide unterlagen ganz knapp. Geteiltes Leid: Durch diesen serbischen Untergang kann jetzt auch unser Boris den Flug zurück in die Heimat buchen.
Dafür erleben wir bei den Herren eine Demonstration des eleganten Schweizer Tennis. Neben dem Comeback des „Gentleman des weißen Sports“, Roger Federer, hat es Wawrinka endlich geschafft in der entscheidenden Phase eines Grand Slams einen der ganz Großen zu bezwingen. Nach den knappen Niederlagen gegen den Djoker im vergangenen Jahr ist das ein wichtiger Schritt in Richtung Grand Slam Titel. Das 9:7 im fünften Satz belegt seine physischen, aber erst recht auch seine psychischen Fähigkeiten.
Federer trat jetzt in der Nightsession gegen den Briten Andy Murray an. Der Fedexpress macht seinem Spitznamen in diesem Jahr alle Ehre. Mit unglaublicher Konstanz und einem klar strukturierten Spiel ließ er bei eigenem Aufschlag bis Ende des dritten Satzes keinen Breakball zu. Kurz vor dem Sieg Federers konnte Murray seine erste Chance nutzen und sich in den Tiebreak fighten. Dort vergab der Schweizer unnötig klare Siegchancen und verlor mit 6:7. Wird seine Psyche diesen unnötigen Satzverlust verkraften? Das Drama setzt sich fort. Federer hat sofort den Frust abgeschüttelt, gewinnt das erste Game souverän und lässt wieder zahlreiche Chancen mit mehreren Break-Bällen beim anschließenden 17-minütigen Aufschlagspiel des Engländers aus. Murray wirkt erschöpft, zeigt aber außergewöhnliche Widerstandskraft. Trotzdem wird er im Verlaufe des Satzes vom Schweizer gebreakt. Jetzt gibt es kein Zögern mehr – entschlossen beendet Roger das Match mit einem Ass zum 6:3 im vierten Satz.
Wir sind uns sicher: so schnell wird Federer seine Karriere nicht beenden und es werden noch wichtige Titel zu seiner Sammlung hinzukommen. Vielleicht schon diese Woche.
Jetzt warten mit Berdych und Nadal schon die Kontrahenten um den Einzug ins Finale. Zwei hochklassige Halbfinals, die ein Endspiel auf Topniveau garantieren.
Bei den Damen gab es in den letzten zehn Tagen einige Überraschungen. Wer vor dem Turnier auf die Halbfinals Bouchard gegen Li Na und Cibulkova gegen Radwanska gewettet hätte, wäre heute wohlhabend. Einen wahren Lauf haben die beiden Überraschungen aus Canada und der Slowakei. Wer die Topspielerinnen Ivanovic und Scharapova im Viertelfinale aus dem Turnier wirft, hat auch das Potential den „großen Schlag“ zu schaffen. Es bleibt abzuwarten, ob sie dem nervlichen Druck gewachsen sind, sich im Halbfinale gegen Radwanska und Li Na durchzusetzen.
Wir haben aber noch deutsche Hoffnungsschimmer entdeckt: der an 1- gesetzte „Hamburger Jung“ Sascha Zverev ist im Juniorenwettbewerb bisher noch ungeschlagen – und im Mixed ist Julia Görges auch noch dabei. Zwei deutsche Teilnehmer, die fernab der großen Bühne ihre Chancen auf einen Erfolg aufrecht erhalten haben.
Wir drücken unseren deutschen Vertretern weiterhin die Daumen, müssen aber mit einer Träne im Auge die herausragenden Entwicklungen und das hohe Niveau, das die anderen Tennisnation Down Under 2014 präsentieren, ohne Neid anerkennen.
Wir empfehlen allen deutschen Tennisenthusiasten, die weiteren Matches bei den Australian Open mit zu verfolgen – es gibt einiges zu lernen.
Zum Abschluss haben wir wieder ein Video mit den Highlights des letzten Tages für euch: