Schon bei den Australian Open im Januar dieses Jahres hatte Roger Federer mit seinem Halbfinaleinzug nach dem Sieg über Murray die Tennisexperten darauf aufmerksam gemacht, dass in diesem Jahr mit ihm wieder zu rechnen sei. In der letzten Woche hat er sich mit seinem Endspielsieg über den Tschechen Berdych (3/6 6/4 6/3) bei dem mit 2,4 Millionen Dollar dotierten Turnier in Dubai den ersten Turniersieg seit über acht Monaten gesichert. Im Halbfinale schaltete er den von Boris Becker betreuten Novak Djokovic aus.
Nach seinem Finalsieg in seinem Zweitdomizil Dubai beschrieb der Schweizer mit deutlichen Worten seine gegenwärtige Stimmung: „Es tut unheimlich gut, gewonnen zu haben. Ich bin so oft in letzter Zeit knapp vor dem Ziel gescheitert.“ Seine Zuversicht auf weitere Erfolge in der laufenden Saison dokumentierten seine anschließenden Sätze: „Ich bin gesundheitlich hundertprozentig fit. Ich denke nicht über Krankheiten und Wehwehchen nach. Ich kann mich voll und ganz auf mein Tennis konzentrieren. Das erleichtert einem das Leben sehr.“
Bemerkenswert war auf der arabischen Halbinsel die Unverdrossenheit, mit der Roger im Verlauf des Turniers immer wieder nach Rückstanden in das Spiel zurück fand. Anders als in so vielen Topmatches der jüngeren Vergangenheit blitzte in den entscheidenden Momenten wieder die alte Kaltblütigkeit Federers auf, der einst ja als „der Mann schlechthin für die Big Points“ galt.
„Ich gebe mir in allen Spielen immer noch eine Chance. Die Moral und Einstellung ist absolut intakt.“, kommentierte der Schweizer sein neu gewonnenes Selbstvertrauen.
Die verletzungsfreie Zeit, die Ruhe und Geborgenheit in seiner Familie und sicherlich auch die Verpflichtung des neuen Coaches Stefan Edberg haben einen großen Anteil am Aufschwung des Grand Slam-Rekordsiegers in der neuen Saison. Viele Tennisfachleute und auch viele Konkurrenten glauben erkannt zu haben, dass seit der Arbeit mit dem Schweden der Aufschlag und auch der Volley Federers wieder stark verbessert sind. Der Respekt vor der Leistungskapazität des Baslers ist wieder gewachsen auf der ATP-Tour. Sein Freund und Landsmann Stan Wawrinka beschreibt diese Anerkennung – auch des internationalen Publikums – mit hochachtungsvollen Worten: „Roger ist grundsätzlich der Star und das wird er auch immer sein. Ich fühle mich immer wie die Nummer zwei, gemessen daran, was er schon alles in seiner Karriere erreicht hat. Er ist ein Tennis-Genie – der beste Spieler aller Zeiten. Und ich bin derzeit weit von ihm entfernt. Die Nummer drei der Welt zu sein ist großartig, wenn man bedenkt, wie hart ich daran gearbeitet habe. Aber in der Schweiz, so wie auch überall anders auf der Welt, will jeder Roger spielen sehen”.
Wir wollen nicht verhehlen, dass auch wir viel Sympathie für den „Fed-Express“ empfinden. Das hat Gründe: wir bewundern die Eleganz seines Spiels, wir schätzen sein Auftreten als „Gentleman des weißen Sports“ – auf dem Court und auch außerhalb des Platzes – und wir verfolgen mit Spannung und Identifikation, wie hier einer im hohen Alter, trotz überragender früherer Erfolge, sich wieder auf den mühevollen Weg macht, den Thron zurück zu erobern.
Das sind Attribute, die nicht nur im Sport die Helden kennzeichnen – wenn das Comeback gelingt. Auf jeden Fall gibt Federers Angriff auf die Weltspitze dem internationalen Profitennis eine besondere zusätzliche Ausstrahlung.
In dieser Woche hat er seinen Erfolgsweg beim Turnier in Indian Wells fortgesetzt. Trotz harter Gegenwehr hat er den Franzosen Mathieu(6/2 7/5) und den Russen Tursunov (7/6 7/6) besiegt. In der dritten Runde traf er auf seinen „alten Kumpel“ Tommy Haas. Wir hatten während der German Open die Gelegenheit, Roger und Tommy zu beobachten, wie sie Tag für Tag im Players Center beim Backgammon oder beim Kartenspiel ausgelassen ihre Kräfte maßen. Lachender Sieger blieb meist der Schweizer. Das setzte sich auch in der 3.Runde des Turniers in der Colorado-Wüste fort: Federer gewann 6/4 6/4. Anders als in Hamburg bei den Freizeitspielen nahm Tommy die Niederlage diesmal gelassen hin – er fluchte nicht lautstark über sein ungerechtes Schicksal und es flogen auch keine Spielmaterialien über den Platz. Der Respekt vor der Tenniskunst seines Konkurrenten dämmte sein leidenschaftliches Temperament ein.
Aus der Entourage des Eidgenossen wurde bekannt, dass er gegenwärtig unter einer leichten Grippe leidet. Wenn er sich trotz dieser gesundheitlichen Beeinträchtigung in den USA zum Turniersieg durchkämpft, hat er ein weiteres Kapitel in dem Text zu seiner Legendenbildung geschrieben.
Bei den gerade beendeten olympischen Winterspielen haben die Oldtimer Ole Einar Björndalen im Biathlon und Noriaki Kasai im Skispringen für Furore gesorgt. Federer kann es ihnen im Jahr 2014 nachmachen. Dem Bild des Tennis in der internationalen Öffentlichkeit würde das nur gut tun.
Zum Abschluss haben wir noch ein Best-of-Video vom Tennis-Virtuosen angefügt:
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