“Hoeneß und die Lehren, die das deutsche Tennis aus seinem Fall ziehen könnte”

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Der „Fall Hoeneß“ spaltet aktuell die deutsche Öffentlichkeit in zwei Lager: Auf der einen Seite finden wir die hämische Freude über den Fall eines Mannes, der nicht nur im Sport für Erfolg stand.

Auf der anderen Seite artikuliert sich eine irrationale Solidarität der Hoeneß-Fans, die in blinder Anhängerschaft alle rechtlichen Gesichtspunkte – und damit ihr ureigenstes Interesse- außer Acht lässt.

Da werden keine Unterscheidungen mehr getroffen, nur noch Meinungen propagiert. Da äußern sich zwei getrennte fundamentalistische Lager, die einen zielgerichteten und sinnvollen Dialog von vornherein zum Scheitern verurteilen.

Gibt es Parallelen dazu im deutschen Tennis?

Ja, die gibt es -  trotz aller Unterschiede!

Ähnlich sind die hämischen Reaktionen auf das Straucheln von Personen, die im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen: In der Affäre Steeb wurde ohne Erbarmen eine ehemals verdienstvolle Persönlichkeit „in die Wüste geschickt“. Im Fall Becker wartet ein großer Teil der Nation nur darauf, dass Boris als neuer Coach von Djokovic scheitert. Auch der neue DTB-Präsident Altenburg hatte es von Anfang an schwer. Jeder Fehlgriff in seiner Amtsführung wurde als Skandal in die Öffentlichkeit getragen, vorbildliche Aktionen werden mit Achselzucken eher in die Privatsphäre abgeschoben. In allen diesen Ereignissen wird das Urteil sehr stark von dumpfer Anschauungslust und wohl auch von Neid geprägt.

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Gerade in der „Angelegenheit Altenburg“ stellt sich die (rhetorische) Frage nach der Aufgabe des DTB-Beirats: Sollten die Vertreter der Landesverbände nicht in erster Linie die Arbeit des Präsidenten unterstützen? Sollte man nicht im internen Kreis mit dem Präsidenten Entscheidungen abwägen und gemeinsam, im Interesse der Sache, vielversprechende Projekte voranbringen?

In der Rubrik „Zeitgeist“ (!) hat der Redakteur des Wochenmagazins „Die Zeit“, Josef Jessen, einige bedenkenswerte Sätze formuliert, die kennzeichnend für die gegenwärtige „Kommunikationskultur“ in unserer Gesellschaft sein könnten.

Da wird behauptet, dass es in der heutigen Welt „weder Helden noch Schurken von Format“ gibt. Deshalb wird „das Triviale zur Sensation, das Model zum Rollenmodell, die Hotelrechnung Wulffs zur Staatskrise und das unausweichliche Schuldgeständnis eines Hoeneß zur vorbildlich-moralischen Geste“ gemacht.

Provokant stellt Jessen die Motive dieses Verhaltens dar: „In Wahrheit genießen wir die Langeweile (als Synonym könnten wir dafür „Sicherheit“ einsetzen) – und gieren umso mehr nach dem Kitzel. Der Voyeurismus ist der Kick ohne Risiko und Reue“.

Wir werden den Wahrheitsgehalt dieser Argumente in dem Blogtext nicht weiter untersuchen oder gar bewerten. Es ist aber sinnvoll, einige grundsätzliche Empfehlungen für das „Projekt Tennis“ aufgrund dieser Kritik zu entwickeln:

Unsere Wahrnehmung sollte nicht von Neid oder Voyeurismus verschleiert werden.

Profilsucht sollte im Denken der Tennis-Verantwortlichen „hinten anstehen“.

Man sollte ständig überprüfen, ob Vorurteile die Einstellung beeinflussen.

Wir sollten Sachverhalte klar analysieren, Unterscheidungen herausarbeiten und erst dann Lösungen entwickeln. Undifferenzierte und verallgemeinernde Meinungen haben keine Tragfähigkeit. Albert Einstein hat wohl recht: „Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom.“

Wir sollten nicht nur unsere Sicherheiten und Gewohnheiten pflegen, nicht nuran unseren Sitzen kleben“.

Wir sollten den „Kick“ und den „Kitzel“ nicht im Scheitern von VIPs finden, sondern mit Mut neue Wege einschlagen, die richtungsweisend sein könnten

Wir sollten miteinander und nicht gegeneinander Projekte voranbringen.

Wir wissen, das klingt banal.

Wenn wir aber in Zukunft nicht danach handeln, wäre das fatal.

 

Im anschließenden Video könnt ihr noch einmal den Führungsstil von Hoeneß miterleben:

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