Der erste Tag der German Open am Rothenbaum in Hamburg stand noch im Schatten des WM-Fußballfinales vom Vortag. Nur wenige Tennisfans wollten auf dem Center Court die Tennisprofis bei ihrer Arbeit beobachten, obwohl interessante Partien mit deutscher Beteiligung auf dem Programm standen.
Vor seinem hanseatischen Publikum startete der Lübecker Tobias Kamke (Nr.83 der Weltrangliste) mit Schwung und Entschlossenheit gegen den Finnen Jarko Nieminen und konnte deshalb auch den ersten Satz 6:3 gewinnen. Im zweiten Durchgang kam der Finne besser in das Spiel und konnte sich knapp mit 6:4 durchsetzen. Mit Einsatzbereitschaft und entschlossenem Kampf rang der Lokalmatador dann seinen in der Weltrangliste höher positionierten Gegner (Nr.58) im entscheidenden Satz mit 6:2 nieder. Ein bravouröser Sieg, ein optimaler Start des Norddeutschen in das Turnier! Die Chance, wichtige Weltranglistenpunkte zu sammeln, wurde genutzt.
Jan-Lennard Struff ging gegen den 21-jährigen Serben Filip Krajinovic als Favorit auf den Platz. Den Auftaktsatz gewann der junge Deutsche dann auch erwartungsgemäß klar mit 6:1. Auch im zweiten Satz schien der Sieg eigentlich nicht gefährdet, aber kleine Fehler schlichen sich in das Spiel des Warsteiners ein und plötzlich hatte Filip Krajinovic diesen Durchgang mit 7:5 für sich entschieden. Im dritten Satz konnte Struff nicht mehr die Dominanz zurück erobern und verlor überraschend mit 2:6.
Das Spiel von Dustin Brown gegen den Spanier Pablo Carreno-Busta hatte mehr Zuschauer verdient, als die paar Tennisfans, die sich auf den Tribünen verloren. Um zu Beginn des Matches seinen Sitznachbarn zu identifizieren, musste man sich eines Fernrohrs bedienen. Unbeeindruckt von den leeren Rängen starteten beide Spieler entschlossen und zielstrebig und gewannen ihre Spiele mit ihren harten Aufschlägen. Unser Rastamann spielte besonders auf der Vorhand „Hopp oder Topp“. Eine Vorhandrakete explodierte platziert in der Ecke des gegnerischen Feldes, die nächste Vorhandgranate zerplatzte direkt am Zaun. Beeindruckend war es, wie Brown die Big Points mit überragenden Volleys gewann. Diese Nuance führte dann auch zum Sieg des Deutschen im Tiebreak des ersten Satzes. Im zweiten Satz stabilisierten sich die Schläge des Deutsch-Jamaikaners immer mehr, dementsprechend ließ die Solidität des Spaniers nach. Logische Konsequenz dieser Entwicklung: Dustin Brown zog mit 7:6 und 6:3 in die zweite Runde der „bet at home Open“ ein. Wir hatten wieder Spaß am variantenreichen Spiel des Paradiesvogels und litten bei verschossenen Schlägen mit!
Die niedrigen Zuschauerzahlen auf dem Center Court hingen nicht mit den Preisen zusammen. Auch das Wetter war nicht ausschlaggebend: Jeder Hamburger spricht von Glück, wenn es einmal nicht regnet und die grauen Wolken am Himmel sind allemal beliebter als das berühmt- berüchtigte „Schmuddelwetter“. Vermutlich sind die Sportfans noch müde vom Feiern des Weltmeistertitels. An den Qualifikationstagen vor dem WM-Finale waren einige Plätze besser besucht, als am gestrigen Eröffnungstag.
Fragt man einige Besucher nach ihren Einschätzungen, hört man die generelle Antwort, dass das Fehlen der traditionellen Publikumslieblinge Federer und Haas bedauert wird. Einzelne beklagen, dass das Hamburger Turnier zumindest Nadal oder Djokovic präsentieren muss. Das sind die „ewig Gestrigen“, die Jahr für Jahr die Spiele des HSV boykottieren, wenn der „Bundesliga-Dino“ keinerlei Chancen auf die deutsche Meisterschaft hat.
Am heutigen Dienstag treten die ersten Gesetzten an und die Deutschen Kohlschreiber, Gojowczyk, Reister und Zverev greifen in das Geschehen ein. Da werden die Tennisfans sich schon mehr von den Strapazen des „Weltmeister-Seins“ erholt haben.
Wir bleiben am Ball.