Am 3.Spieltag der „bet-at-home-Open“ in Hamburg trat zuerst Tobias Kamke, der seit Jahren vom Turnierdirektor Michael Stich gefördert wird, gegen den letztjährigen Finalisten, Federico Delbonis, an. Auf Tobi kann man sich verlassen. Mit bedingungslosem Einsatz nutzte er seine Chance gegen den Argentinier und gewann den ersten Satz mit 6:3. Wer von einer Wende im zweiten Durchgang ausging, sah sich getäuscht. Der Lübecker überwand alle Nervosität, gewann auch den zweiten Satz(6:4) und zog als erster Deutscher in das Achtelfinale ein. Ein grandioser Auftakt an diesem sonnigen Tag am Rothenbaum!
Dann griff der Titelverteidiger Fabio Fognini auf dem Center Court in das Turniergeschehen ein. In seiner Auseinandersetzung mit Filip Krajinovic konnte man ein großes Schauspiel vom exzentrischen Italiener erwarten. Was er dann ablieferte, war reines Kasperletheater. Total gelangweilt spulte er seine Schläge ohne jeglichen Einsatz ab. Intensität zeigte er nur, wenn er die Bälle wütend auf die Tribüne drosch oder den Schläger auf den Boden „pfefferte“. Nachdem er den 1.Satz 4:6 gegen einen Gegner verloren hatte, der sein Warm-Up wegen Übelkeit abbrechen musste, zerlegte er sein Racket ganz auf der Bank. Die Lustlosigkeit prägte Grandsignore Fabios Spiel auch im zweiten Satz. Konsequent arrogant schenkte er diesen Durchgang mit 0:6 ab. Eine verantwortungslose Unverschämtheit! Mit solchen Auftritten ruiniert man das Image des Tennis. Die vereinzelten Pfiffe aus dem Publikum waren berechtigt – aber auch der freundliche Beifall für den Serben (Nr. 152 der ATP), der mit diesem Sieg den größten Erfolg seiner bisherigen Karriere feiern konnte.
Als nächstes Spiel fand auf dem Center Court die Partie von unserer 17-jährigen Hoffnung Alexander Zverev und dem an 5-gesetzten Mikhail Youshny statt. Diese Kontrahenten boten dem dankbaren Publikum „großes Tennis“. Das intensive Match auf Augenhöhe entschied im ersten Satz – zum Jubel der Hamburger Zuschauer – der Lokalmatador mit 7:5 für sich. Im zweiten Durchgang konnte bis 5:5 keiner der Spieler die Oberhand gewinnen. Der Russe steht sichtbar unter Druck. Bei 0:15 serviert er einen Doppelfehler. Sascha nutzt seine Chance und breakt zum 6:5. Er steht kurz vor einem sensationellen Durchbruch. Wie eine Wand steht das Publikum bei seinem nächsten Servicegame hinter ihm. Unser Ausnahmetalent erfüllt die Hoffnungen. Beim Stand von 40:15 verwandelt er den ersten Matchball zum 7:5, 7:5-Sieg. Hamburg hat nach Roger Federer und Tommy Haas jetzt einen neuen Publikumsliebling und Zuschauermagnet! Turnierdirektor Stich wird sich freuen, dass er Zverev die Wildcard für das Turnier gegeben hatte.
Das euphorisierte Publikum konnte sich auf das nächste spannende Ereignis freuen: Dustin Brown setzte sich mit Fernando Verdasco auseinander. Der Rastamann ließ es wieder „krachen“ auf dem Center Court und zog alle Register: Brillante Stopps, harte Services, gefühlvolle Volleys, knallende Vorhände – und viele Fehler, bei denen der Ball nur von der Plane auf der anderen Seite in seinem freien Flug gestoppt werden konnte. Im ersten Satz überwogen noch die zu vielen Fehler und der Spanier konnte sich mit 6:4 durchsetzen. Das Bild änderte sich zur Freude der Zuschauer im zweiten Satz. Brown kam in seinen „Flow“ und glich mit 6:2 aus. Der Entscheidungssatz war pure Spannung. Der Kampf auf Augenhöhe musste im Tiebreak seine Entscheidung finden. Bei 5:6 und 6:7 wehrt der Deutsch – Jamaikaner zwei Matchbälle ab. Die Zuschauer springen von ihren Sitzen auf. Bei 8:7 vergibt der Deutsche seinen ersten Matchball, holt sich mit dem nächsten Punkt die Führung zurück und erspielt sich einen weiteren Matchpoint. Verdasco hat ein Einsehen mit der Herzinfarktgefährdung der „mitfiebernden“ Hamburger Tennisfans und serviert einen Doppelfehler. Nach Tobi Kamke und Sascha Zverev hat mit Dustin Brown der dritte Deutsche überraschend das Achtelfinale der German Open erreicht!
Diesen sensationellen deutschen Siegeszug hätte Philipp Kohlschreiber in seiner Partie gegen den Portugiesen Gastao Elias fortsetzen können. „Kohli“ als Spielertyp ist das Gegenteil von seinem deutschen Vorgänger auf dem Platz: solide Technik contra abenteuerliche Schläge; klare Strategie gegenüber ständiger Improvisation; Rationalität auf der einen, pure Emotionalität auf der anderen Seite. Zu Beginn des Matches funktioniert das System Kohlschreiber noch nicht perfekt. Der Portugiese führt 5:4 nach einem Break. Mit Mühen gelingt dem Augsburger gleich ein Rebreak. Jetzt verliert Elias seinen Rhythmus und Kohlschreiber gewinnt den 1.Durchgang mit 7:5. Im zweiten Satz gibt der Bayer die neu gewonnene Dominanz nicht mehr aus der Hand. Mit einem 6:1 im zweiten Durchgang zieht er als vierter Deutscher in das Achtelfinale ein.
Vier deutsche Tagessiege – keine Niederlage! So kann es weitergehen! Hamburg, das Tor zur Welt? Das war einmal. Hamburg ist ab heute die offene Tür zur Weltklasse für die deutschen Tennisprofis!
Bei aller Euphorie verlieren Hanseaten nie ihre Sachlichkeit – deshalb noch zum Schluss ein Blick auf die anderen Tagesergebnisse: Alexander Dolgopolov schlägt Jerzy Janowicz 6:4 und 6:1; Lukas Rosol bezwingt Joao Sousa 6:2, 6:4 und Juan Monaco unterliegt Andreas Seppi 6:1, 0:6 und 6:7. Der Argentinier Leonardo Mayer warf mit 7:6 und 7:6 den nächsten Gesetzten, den Spanier Garcia-Lopez, aus dem Turnier.
Der Tag hat Spaß gemacht. Ein Grund, auch am Donnerstag die Anlage am Rothenbaum zu besuchen. Wir werden nicht die einzigen sein, die in das deutsche Herrentennis-Mekka pilgern werden.