Zwei Deutsche im Halbfinale!

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Am Freitag stand bei den „bet-at-home Open German Championships“ in Hamburg die Runde der letzten Acht auf dem Spielplan. Drei deutsche Herren hatten sich für dieses Viertelfinale qualifiziert. Zwei von ihnen haben ihre Tenniskarriere im Umfeld der norddeutschen Metropole gestartet: Tobias Kamke, der Kämpfer und Alexander Zverev, das Ausnahmetalent. Auf die Frage eines Interviewers, was der Grund für seine Leistungsexplosion sei, hatte der junge Mann spontan geantwortet: „Es ist meine Heimatstadt“. Dann hatte der jüngste und vielversprechendste Spross einer ursprünglich russischen Tennisfamilie hinzugefügt:“ „Hier fühle ich mich wohl, hier habe ich die Unterstützung des heimischen Publikums.“ Sein heutiger Gegner hätte höchstwahrscheinlich genauso geantwortet. Bei ihrem Heimatclub, dem UHC Hamburg, hatten die heutigen Kontrahenten öfters zusammen trainiert. Vor Wochen, beim ATP-Turnier in Braunschweig, in dem Zverev, mit seinem Gewinn des Events, den ersten großen Schritt vorwärts auf der Profitour geschafft hatte, waren sie in der ersten Runde aufeinandergetroffen. „Mein Sieg in Braunschweig spielt hier überhaupt keine Rolle. Das hier ist ein Großereignis. Das ist eine andere Welt“,  mit diesen Sätzen ordnete der Hoffnungsträger des deutschen Tennis die Bedeutung des ersten Aufeinandertreffens auf der Tour ein.

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Ein kurzes Abschweifen sei erlaubt: Nicht nur Sascha und Tobi zeigen großartige Leistungen. Bei einer Rahmenveranstaltung des Großevents am Rothenbaum, einem Turnier der besten deutschen jüngeren Junioren, hat sich ein weiterer Hamburger Junge, Marvin Möller, in den Vordergrund gespielt. Wir verweisen auf den Kommentar von Dirk Sperling zu unserem gestrigen Bericht von den German Open.

Warme Temperaturen und ein gefüllter Center Court empfingen die beiden Spieler, als sie um 12 Uhr den Platz betraten. „High Noon“ auf dem Rothenbaum – das mit Spannung erwartete Duell konnte beginnen! Sascha hat große Startprobleme. Frustriert wirft er den Schläger, kassiert ein „Warning“ vom Schiedsrichter und liegt schnell 0:3 zurück. Kamke nutzt seine Chance, übt konstanten Druck auf seinen Widersacher aus, gewinnt den Satz mit 6:0. Zverev wirft seinem Bruder Mischa auf der Tribüne resignierende Blicke zu. Zum ersten Mal in den Tagen vom Rothenbaum zeigt die große Nachwuchshoffnung mentale Schwächen. Am heutigen Tag war bisher wenig Spannung, Dynamik und Resilienz zu erkennen.

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Tobias geht gleich im zweiten Satz wieder in Führung. Dann fängt sich Sascha, auch weil Kamke erste leichte Fehler unterlaufen. Der 17-jährige gleicht aus, findet mehr Länge in seinen Schlägen und geht in Führung. Das Match scheint sich zu drehen. Über 3:1, 4:2 und 5:3 geht Zverev ohne Aufschlagverlust einem Satzausgleich entgegen. Bei 5:4 serviert er zum Satzgewinn. Ein Doppelfehler und leicht vergebene Chancen zeigen die Anspannung des Ausnahmetalents. Er wehrt zwar drei Spielbälle des Gegners in Folge ab, verliert aber trotzdem das Game zum 5:5. Viele leichte Fehler beider Spieler prägen diese Phase. Sascha gelingen dann einige Big Points und mit einem Ass beendet er den zweiten Durchgang zum 7:5. Der Satzausgleich ist geschafft – das Duell geht in die endgültige Entscheidung.

Zu Beginn des dritten Satzes  gewinnt das Match an Klasse. Die Duellanten kommen nah an ihre Bestform heran. Der Lübecker wird aber gleich gebreakt. Der schlaksige Youngster auf der Gegenseite, dessen Körpersprache inzwischen deutlichen Siegeswillen ausdrückt, bringt jetzt seine Aufschlagspiele fast ungefährdet bis zum 5:3 durch. Bei seinem darauf folgenden Aufschlagspiel „überdreht“ Kamke etwas, produziert Fehler und Alexander Zverev gewinnt den entscheidenden Durchgang mit 6:3.Ein 17-jähriger Deutscher im Halbfinale der German Open! Da kommen Erinnerungen an die großen Zeiten von Michael Stich und Boris Becker auf.

Nach diesem deutschen Shoot-Out trafen Leonardo Mayer und Dusan Lajovic auf dem Center Court aufeinander, um den nächsten Halbfinal-Teilnehmer zu ermitteln. Der Argentinier Mayer, der auch in den Runden zuvor beeindruckt hatte, setzte sich gegen den Kroaten in zwei Sätzen mit 6:1 und 7:5 durch.

Im Anschluss an diese Partie fand das spanische Viertelfinale zwischen David Ferrer und Pablo Andujar statt. Der an Nr. 1- gesetzte Ferrer bestätigte mit seinem Kantersieg von 6:0 und 6:2 unseren Eindruck, dass sein Landsmann Andujar auch von einem Dustin Brown in Topform zu schlagen gewesen wäre. David Ferrer hat sich in Hamburg von Runde zu Runde gesteigert. Das wird auch Sascha Zverev, der im Semifinale auf den Spanier trifft, zu spüren bekommen.

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Am frühen Abend freute sich das Publikum auf Philipp Kohlschreibers Versuch, als zweiter Deutscher mit einem Sieg über Lukas Rosol das Semifinale zu erreichen. Vom ersten Ballwechsel an ist der Deutsche agil und konzentriert. Obwohl der Tscheche keinen 1.Aufschlag unter 200 Stundenkilometern serviert und im Tempo der anderen Grundschläge an die Aufschlaggeschwindigkeiten heranzukommen versucht, wird er vom Augsburger schon im dritten Spiel gebreakt. Mit variantenreichen Schlägen und kluger Matchführung wehrt sich Kohlschreiber gegen den „Hopp oder Topp- Stil“ seines Gegners. Bei 3:2 wird er trotzdem zurück gebreakt. Kohli bleibt geduldig und gewinnt Rosols Servicegame  bei 4:4 zum zweiten Mal. Konsequent und entschlossen beendet er mit seinem Aufschlagspiel den Satz zum 6:4-Gewinn.

Der „Vabanque-Stil“ des 28-jährigen Profis aus Brünn zwingt seine Gegner zu intensiver Achtsamkeit. Immer ist ein nachhaltiger „Lauf“ des „Big-Hitters“ zu befürchten. Darüber hinaus ist es schwer, den eigenen Spielrhythmus aufrecht zu erhalten. „Kohli“ zeigt auch im zweiten Satz die richtige Einstellung. Er breakt den Tschechen früh. Bei 5:3-Führung und Aufschlag Rosol erspielt sich der Deutsche den ersten Matchpoint. Rosol wehrt sich erfolgreich mit erneuter Temposteigerung, verkürzt auf 4:5. Unser „Kohli“ lässt sich den Sieg aber nicht nehmen. Er verspielt zwar zwei Matchbälle in Folge, verwandelt aber den dritten Matchpoint und zieht mit 6:4 im zweiten Durchgang als nächster Deutscher in das Halbfinale – übrigens zum ersten Mal in seiner Karriere – der „bet-at-home-Open“ ein!

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Turnierdirektor Stich kann sich freuen. Die Sonne scheint über Hamburg und zwei Deutsche sind in den Semifinals vertreten. Am Samstag wird „die Hütte“ wieder voll sein.

 

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