Favoritenstürze waren bisher rar bei den US Open 2014. Von Tag zu Tag hatten allerdings die Niederlagen der gesetzten Spieler zugenommen. Am 5.Tag des Turniers erreichte das Favoritensterben den Höhepunkt.
Die erste große Überraschung traf das einheimische Publikum tief: Venus Williams, die sich in den letzten Wochen wieder in hervorragender Form präsentiert hatte, unterlag der Italienerin Errani in einem dramatischen Kampf mit 0:6, 6:0 und 6:7.
Kurz nach Beginn dieser Partie trat Angelique Kerber gegen Belinda Bencic an. Die 17-jährige Schweizerin startete unbekümmert und bis in die Fingerspitzen motiviert. Ihre entschlossen-aggressiven Schläge drängten die Kielerin von Anfang an in die Defensive. Bevor Angie sich auf das Trommelfeuer einstellen konnte, hatte sie den 1.Satz mit 1:6 verloren. Im zweiten Durchgang kam Kerber besser in das Spiel und ein Kampf auf Augenhöhe entwickelte sich. Als Angie 5:4 in Führung ging und auch in der Körpersprache Siegeswillen ausdrückte, schien der Moment gekommen, in dem die junge Helvetierin langsam dem Druck Tribut zollen müsste. Das Gegenteil war der Fall: Bencic spielte sich in einen Rausch. Der wie immer tapfer kämpfenden Kerber gelangen an diesem Tag kaum tödliche Gewinnschläge in aussichtsreichen Positionen. So konnte sie den Siegeszug der Schweizerin nicht aufhalten. Bencic gewann den zweiten Durchgang mit 7:5 und zog in das Achtelfinale der US Open ein. Die zweite große Überraschung des Tages hatte das Ausscheiden von der Deutschen zur Folge, der wir die größten Siegchancen gegeben hätten.
Kurz vor der Niederlage der an Position 6-gesetzten Kerber, war die Nummer 2 der Setzliste, Simona Halep aus Rumänien, sensationell gegen die Kroatin Mirjana Lucic-Baroni ausgeschieden. Die Siegerin gehört nicht zu den jungen Himmelsstürmern – sie ist 32 Jahre alt, spielt seit mehr als 10 Jahren auf der Profi- Tour und musste sich in Flushing Meadow durch die Qualifikation kämpfen.
Nach der leisen Enttäuschung über das verlorene Match von Kerber konnte man die bisherigen Favoritenstürze als gutes Omen für die anderen beiden deutschen Spielerinnen werten, die am Freitag eher als Außenseiter in ihre Partien gingen.
Auf dem Court im Grandstand konnte am frühen Abend in New York Andrea Petkovic gegen die an 11-gesetzte und wiedererstarkte Carolin Wozniacki das Omen zur Realität werden lassen. Spätstarterin „Petko“ hatte eine offensive Taktik gewählt, vergab aber einige Spielbälle und gute Punktchancen und geriet schnell mit 1:3 in Rückstand. Von Punkt zu Punkt steigerte sich die Darmstädterin und glich auf 3:3 aus. Die Dänin konnte jetzt aber noch „eine Schippe drauflegen“, ihr unterliefen weniger Fehler als ihrer Kontrahentin und sie gewann die nächsten drei Spiele in Folge zum 6:3-Satzgewinn. Im zweiten Durchgang misslangen der Deutschen besonders die „Big Shots“. . Resultat: die ehemalige Weltranglistenerste aus Kopenhagen ging schnell 3: 0 in Führung. Auf den Kampfgeist von Andrea kann man sich verlassen: sie fightete sich zwischenzeitlich auf 2:4 heran. Wozniacki verlor aber nie ihre Zuversicht und Entschlossenheit. Die Dänin gewann dann den zweiten Satz und das Match verdient mit 6:2. Die Hoffnung auf den ersten deutschen Sieg an diesem Tag war wie eine Seifenblase zerplatzt.
Bevor unsere dritte Deutsche, Sabine Lisicki, auf den Platz ging, hatten weitere Favoritenstürze für Aufsehen gesorgt: Dominik Thiem aus unserem Nachbarland Österreich hätte es schon länger verdient, in unserem Blog positive Erwähnung zu finden. In seiner Auseinandersetzung mit dem an 11-gesetzten Gulbis lag er schon mit zwei Sätzen zurück, als er eine beeindruckende Aufholjagd begann und nach über drei Stunden den Favoriten aus Lettland im fünften Satz bezwingen konnte.
Unserem italienischen Freund Fabio Fognini, an 15 gesetzt, half weder Zetern noch Schlägerwerfen bei seiner 3- Satz-Niederlage gegen den Franzosen Adrian Mannarino.
Der Belgier David Goffin, der sich wie Thiem in den letzten Wochen und Monaten in den Vordergrund gespielt hat, zog mit einem klaren Sieg über den an 32-gesetzten Joao Sousa auch überraschend in das Achtelfinale ein.
Als „last hope“ aus deutscher Sicht ging dann Sabine Lisicki gegen Maria Sharapova in der Abendsession im Arthur Ashe-Stadium auf den Platz. „Bum Bum Bine“ wurde ihrem Spitznamen von Anfang an gerecht: Sie spielte aggressiv, aber viel zu hektisch. Obwohl Sharapova deutlich sichtbar nicht mit ihrer eigenen Leistung zufrieden war, gewann sie den ersten Satz klar mit 6:2. Im zweiten Durchgang reduzierte die Deutsche etwas ihre Fehlerquote, konnte mit der Vorhand punkten und ging 3:1 in Führung. Jetzt war die Russin herausgefordert, setzte entschlossen dagegen und gewann vier Spiele in Folge zum 5:3. Am Ende des Satzes wurde plötzlich auf hohem Niveau gespielt, hochklassige Ralleys begeisterten das Publikum. Die Berlinerin wehrte bravourös zwei Matchbälle ab, verkürzte auf 4:5. Sharapova witterte den Sieg, schlug beeindruckende Winner und gewann mit 6:4 den 2.Satz und das Match.
Drei deutsche Auftritte an diesem Tag – drei deutsche Niederlagen. “Unsere Frauen haben sich vom Acker gemacht.”
Unser Tagesfazit schaut in die Zukunft: Auf unseren Fed-Cup-Teamcaptain Babara Rittner wartet vor dem Finale gegen Tschechien harte Arbeit – gerade im psychischen Bereich. Man hat den Eindruck, dass in den letzten Wochen unsere Kader-Spielerinnen ein wenig an „letzter Überzeugung“ und Selbstvertrauen verloren haben.