Die Kontroverse um die “Tennis League” geht weiter

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Tatort: Ein Cafe im Univiertel Hamburgs in der Nähe des Fernsehturms.

Tatzeit: 24 Stunden nach dem 26 : 16 -Sieg der Aces gegen die Slammers und 48 Stunden nach der 15:24-Niederlage der Mavericks gegen Micromax.

Man trinkt seinen Cappuccino und liest die wichtigen Nachrichten der Tagespresse. Plötzlich wird einem von hinten auf die Schulter geklopft und ohne dass man zur Begrüßung ansetzen kann, wird man von dem unangekündigten Besucher zu einer Rechtfertigung herausgefordert: „Was habt ihr da eigentlich für einen Verriss über die neue InternationalTennis Premier League verzapft?“

kaffee

Ich bekenne mich schuldig, versuche aber meine Gedanken zu sammeln, um Zeit zu gewinnen und antworte trotz der Störung höflich lächelnd: „ Ich wusste gar nicht, dass unser Blog in den Luxusbezirken meiner Heimatstadt gelesen wird! Das ist doch mal eine reine Freude.“ Der Störenfried, eine bekannte Person aus der norddeutschen Tennisszene, reagiert überhaupt nicht auf mein Ausweichmanöver und schlägt mit harten Argumenten weiter auf mich ein: „Ihr seid viel zu konservativ in euren Ansichten. Ihr geht nicht mit der Zeit. Da wird zeitgemäß eine Tennisveranstaltung als richtiger Event organisiert und ihr kritisiert diese zukunftsweisende Veranstaltung mit antiquierten Ansichten.“ Unser Kritiker ist jünger als ich, deshalb attestiert man ihm erst einmal, dass er bei diesem Thema  – aufgrund der Natur der unterschiedlichen existentiellen Voraussetzungen  – einen in aller Zukunft nicht mehr zu korrigierenden Vorteil hat und fragt deshalb zuvorkommend danach, was diese International Tennis Premier League denn so besonders macht.

Die Antworten schießen dem Gesprächspartner, der mittlerweise auf dem Sitz Platz genommen hat, der eigentlich für einen Geschäftspartner reserviert war, der mit Tennis nichts am Hut hat, aus dem weit geöffneten Mund: „Das ist eine Marktöffnung für das Tennis! Da wird der asiatische Markt für den Tennissport erobert! Dadurch steigt der Wert der Spieler! Dadurch wird neues Interesse von Sponsoren geweckt!“

Nach dem Bombardement durch diese vier Ausrufesätze versucht man sich mit einer Zwischenfrage das Leben zu retten: „Okay, das sind alles finanzielle Aspekte. Die dienen sicherlich dem Portemonnaie der eh schon reichen  Sportler und den wohlhabenden Managern des Tennisbetriebes. Aber womit wird den Tennisfans gedient?“

Diese Frage entfacht beim jüngeren Gegenüber nur weiteren Rückenwind: „Die ITPL ist eine richtig gute Show! Hier wird Tennis vorbildlich als moderner Show-Mix gestaltet. Aktionsreich, schnelllebig, mit attraktiven Rahmenevents!“

Die kleinliche Nachfrage, ob „schnelllebig“ wirklich so positiv ist oder „nachhaltig“ nicht die die bessere Perspektive wäre, wird mit Schwung vom Tisch gefegt: „Diese Tennis-League macht den weißen Sport bunter!“

Dagegen können wir nichts sagen, der Mann scheint mehrere Texte von uns gelesen zu haben und zitiert hier einen Begriff, den wir häufiger benutzt hatten, um die Tennisgesellschaft für neue Wege zu öffnen. Bevor man durchgeatmet hat, um eine sinnvolle Erwiderung zu formulieren, schlägt die nächste Granate ein: „Das ist ein richtiges Spektakel! Da wird Tennis in zukunftsweisender Form für das Publikum variiert: Mit neuen Regeln wie Power-Point oder One Ad.“

Auf die Regeländerungen wird von mir  nicht näher eingegangen – auch weil ich  die Abkürzungen so schnell nicht richtig einordnen kann. Mein Gegenschlag wird wieder mit eher vorsichtigen Fragen ausgeführt:

„Ist ein Spektakel wirklich so allumfassend positiv? Klingt das nicht zu sehr nach Zirkus oder Gladiatorenkämpfen  in der Antike? Wird hier nicht der Sport verkauft? Wie  zum Beispiel beim Wrestling?“

Blitzschnelle Antwort: „Natürlich! Das ist auch gut so! Die jungen Leute lieben die Wrestling-Shows!“

Ich bin alt, mich langweilen diese Shows, bei denen alle wissen, dass nur eine Schau geboten wird. Ich glaube aber, Terrain gewonnen zu haben und stelle die Frage deutlicher: „Wird Tennis nicht verraten und verkauft?“

Hallelujah, unser „Advocatus Diaboli“ runzelt die Stirn. Keine spontane Antwort fällt aus dem Mund. Ein Zeichen, dass er nachdenkt.

Immer noch die Aussagen unseres Textes verteidigend, nutze ich die entstandene Dialogpause und setze nach: „ Ist der Spitzensport nicht deshalb so attraktiv für unsere Gesellschaft, weil man hier nur mit eigenen Leistungen zum Erfolg kommt? Ohne Vitamin B, ohne Klüngel, ohne Lobbys, ohne Korruption? Hier zählt doch noch einzig und allein das eigene Können. Dadurch gewinnt man doch ein reales Selbstbewusstsein, oder?“

Unser Kritiker räumt ein: „Ja, schon.“ Dann öffnet er sein Smartphone, schlägt auf einigen Seiten nach und findet dann das Argument und das Testimonial,  das die  kontroverse Diskussion auf einen Schlag beendet: „ Hast du Boris Beckers Kommentar zum ersten ITPL am letzten Wochenende gelesen? Er sagt: Es gibt hier viele interessante Elemente, von denen man das eine oder das andere auch in Deutschland übernehmen könnte!“

eintracht nach dem duell

Da hat Bobbele recht. Das stimmt uns milder. Da öffnen wir uns gern für andere Ansichten. Das Gerücht, dass unser Spieler- und Trainerheld an der Organisation des asiatischen Tennisprojekts beteiligt ist, spielt dabei auch keine große Rolle.

Wir unterlassen  es auch, unserem Gesprächspartner noch zwei letzte kritische Fragen zu stellen, weil wir den friedlich-schiedlichen Kompromiss nicht gefährden wollen:

Warum haben die groß angekündigten Topstars Djokovic, Federer und Serena Williams am vergangenen Wochenende nicht für ihre Teams gespielt?

Ist es nicht ein wenig lächerlich, dass Andy Murray seine Einzelniederlage damit entschuldigt, dass er erst in der Nacht vor dem Match eingetroffen war und deshalb einen „Jetlag“ hatte?

 

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