“Pechsträhne”, “Pleite” – oder ganz einfach nur Fehlstart?

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Nach den doch raren Erfolgen der deutschen Tenniselite am ersten Spieltag der Australien Open ist es ratsam, den nationalen Blick vor dem 2.Tag in Melbourne etwas weiter zu öffnen. Da fällt positiv sofort das Gastgeberland in die Augen. In den Evening-Sessions am Montag brachten zwei Aussie –Youngster die Zuschauer und die gesamte Tennisnation in Stimmung. Der 18-jährige Thanasi Kokkinakis schaltete den an 11-gesetzten Letten Ernest Gulbis nach einem Marathonkampf von über 4 Stunden in  fünf Sätzen aus. Auch der 19-Jährige Nick Kyrgios setzte sich gegen den Argentinier Delbonis in einem fast fünf–stündigen Fight „auf des Messers Schneide“ im 5.Satz durch. Beeindruckend war die Fitness, der Mut und die Abgeklärtheit der „Wild Bunch“ von „down under“. Ach ja, mit dem 22-jährigen Bernard Tomic haben die Australier  noch ein weiteres junges Spitzentalent im Rennen. Tu felix Australia!

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Wir konnten am Dienstag nur bangend hoffen, dass die weiteren sechs deutschen Teilnehmer, die in dem Turnier zur ersten Runde antraten, die bisher ernüchternde Erfolgsbilanz etwas verbessern würden.  Auf der Papierform waren die Aussichten generell aber gar nicht so rosig.

Als Erster hatte Peter Gojowczyk gegen den Spanier Guillermo Garcia-Lopez die Chance zur Wiedergutmachung. „Gojo“ spielte mit Bravour, musste aber nach 7:6, 5:7, 4:6 und 0:1 im vierten Satz verletzt aufgeben. Ein unglücklicher Auftakt für die deutschen Teilnehmer an diesem Tag.

Vor dem Auftaktmatch von Andrea Petkovic hegten wir – wir müssen es zugeben – leise Befürchtungen aufgrund ihrer unglücklichen Auftritte in dem neuen Jahr. Spätstarter“ Petko  zeigte aber  keine Nervosität zu Beginn des Matches, wirkte fokussiert und ging nach einem frühen Break des Aufschlags von Brengle in Führung. Kurz vor Ende des 1.Satzes verwandelte die US-Amerikanerin ihren ersten Breakball und glich aus. Die Darmstädterin ließ sich dann zum Glück nicht beirren und gewann den ersten Satz mit 7:5.  Bei 5:3-Führung im zweiten Satz servierte Andrea schon zum Match – gab aber ihr Aufschlagspiel  ab. Der Tiebreak entschied dann den zweiten Durchgang. Petko ging früh in Führung, aber wieder fehlte Siegesgewissheit, was sich in den leicht verschlagenen Vorhandschlägen ausdrückte. Die Amerikanerin glich mit 7:6 in Sätzen aus. Bei allem für sie typischen Kampfgeist fehlte Petko im dritten Satz die letzte Überzeugung und sie schied mit 3:6 aus. Wie ihre Teamkameradin Sabine Lisicki, verlor jetzt auch Andrea  zum dritten Mal in Folge auf dem fünften Kontinent. Auf diese solidarische Aktion Andreas  hätten wir in diesem Fall gern verzichtet.

Unser  Qualifikant Tim Pütz,  der vor kurzem noch in den Vereinigten Staaten studierte, traf mit der vielversprechenden US-Hoffnung Donald Young in Melbourne auf einen Spieler, den er schon öfters in seiner Studienheimat beobachten konnte. Pütz nutzte diese Kenntnisse und bot dem US-Boy lange Paroli, bis er dann doch mit 4:6, 6:4,3:6 und 2:6 unterlag.

Mona Barthel hatte mit der 18-Jährigen Kroatin Donna Vekic ein günstiges Los erhalten. Die Neumünsteranerin begann fehlerhaft und verlor überraschend den ersten Satz mit 2:6. Im zweiten Durchgang stabilisierte sie sich, gewann 6:4 und feierte mit dem 6:2 im dritten Satz den ersten deutschen Tagessieg.

Gegen den an 27-gesetzten Pablo Cuevas aus Uruguay servierte der zweite deutsche Qualifikant Matthias Bachinger sehr hart und platziert und konnte mit dieser Waffe auch den 1.Satz im Tiebreak gewinnen. Im ersten Spiel des zweiten Durchgangs breakte der Münchener gleich seinen Gegner und beendete den zweiten Satz ohne eigenen Serviceverlust mit 6:3. Unbeirrt ging der „Comebacker“ seinen Erfolgsweg weiter und sorgte mit einem 6:1-Sieg im dritten Durchgang für eine positive Überraschung. Von Herzen gratulieren wir dem sympathischen Münchener!

ATP-Turnier München - Matthias Bachinger

In der Evening-Session schlug sich Benjamin Becker gegen den  an 25-gesetzten Franzosen Julien Benneteau gewohnt tapfer: Er gewann den 1.Satz mit 7:5, verlor den 2.Satz mit 5:7 und drehte den Spieß im dritten Satz mit einem 6:2-Erfolg wieder um. Mit einem 6:4-Erfolg im 4.Satz zog „Benni“ – als sechster und letzter  von 17 deutschen Hauptfeldteilnehmern – in die zweite Runde des Grand Slam-Turniers ein.

Wimbledon Championships 2006 - Day Three

Die deutsche Bilanz und die Perspektiven nach der ersten Runde des ersten Grand Slams des Jahres 2015 sind ernüchternd. Unsere größten Hoffnungen, Kerber, Petkovic und Lisicki sind schon aus dem Rennen. Die Überraschungssieger Witthöft (gegen Mc Hale) und Bachinger (gegen Nieminen) haben in der nächsten Runde noch Siegchancen, aber Wunder können wir in Melbourne nicht von ihnen erwarten. Mona Barthel wird die Übermacht von Petra Kvitova in der zweiten Runde  zu spüren bekommen. Kohli (gegen Tomic, danach vielleicht gegen Kokkinakis) und Julia Görges (gegen Koukalova, dann u.U. gegen Ivanovic-Bezwingerin Hradecka)  haben die besten Aussichten, in der zweiten Turnierwoche noch im Teilnehmerfeld zu sein. Auch für Benni Becker eröffnen sich Chancen. Er trifft in der 2.Runde auf Lokalmatador Lleyton Hewitt, hätte es danach allerdings mit Milos Raonic zu tun.

Die Tagespresse spricht von einer „deutschen Pechsträhne“ oder von einer „unerwarteten Pleite“ in Australien. Wir sehen das anders: es gab schon seit Wochen Hinweise, dass die deutschen Tennisasse  – besonders unsere absoluten Spitzenspieler –  nicht in optimaler Form in das neue Jahr gestartet waren. Die Ergebnisse bei den Australian Open spiegeln diesen Fehlstart – und das damit verbundene mangelnde Selbstvertrauen! – nur deutlich wider!

Schauen wir zum Schluss unseres Posts wieder über unsere Landesgrenzen hinaus und werfen einen kurzen Blick auf unsere deutschsprachigen Nachbarländer. Die Schweizer haben das Privileg mit Federer und Wawrinka zwei absolute Topstars bei den Herren präsentieren zu können.

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Die beiden setzten sich auch ohne Satzverlust  in ihren Erstrundenmatches gegen den Thailänder Yen Hsun Lu und den Türken Marsel Ilhan durch. Belinda Bencic hatte am Montag gegen Julia Görges verloren. Stefanie Voegele konnte sich am gleichen Tag gegen Pauline Parmentier in drei Sätzen behaupten. Romina Oprandi hatte am Dienstag beim 0:6 und 2:6 gegen  Denisa Allertova  keine Chance.  Timea Baczinsky gelang ein sensationeller 6:1, 6:4-Erfolg gegen die an 15-gesetzte Serbin Jelena Jankovic.

Die Österreicher warfen drei Herren und eine Dame in die Grand Slam- Schlacht. Routinier Jürgen Melzer konnte am Montag den ersten Sieg für die Alpenrepublik einfahren. Er bezwang  souverän  Estrella-Burgos in drei Sätzen. In einem hart umkämpften Match zwischen Dominic Thiem und dem an 13-gesetzten Spanier Bautista-Agut  nutzte der Jungstar seine Chancen zu wenig: Von 22 Breakbällen konnte er nur zwei gewinnen! Diese Schwäche führte zur  6:4, 2:6, 3:6, 6:7-Niederlage.

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Andreas Haider-Maurer schlug dann  den  Franzosen Laurent Lokoli mit 7:6, 7:5, 4:6 und 6:3. Ivonne Meusburger  war gegen Publikumsliebling Casey Dellaqua auf verlorenen Posten und schied mit 4:6, 0:6 aus.

Die zumindest ausgeglichenen  Erfolgsquoten unserer südlichen Nachbarn sind in Melbourne bisher besser als die negative  deutsche  Siegesbilanz. Kann uns das trösten?

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