Zwei deutsche Damen können das Achtelfinale bei den Australian Open erreichen. Nicht unsere Gesetzten Kerber, Petkovic und Lisicki, sondern Julia Görges und Carina Witthöft. Die beiden Norddeutschen, die für unsere Topstars in die Bresche gesprungen sind, hatten heute Chancen, sogar in das Viertelfinale vorzustoßen.
Elf Uhr vormittags (australische Ortszeit) betrat Julia Görges den Court der Rod Laver-Arena, um gegen Lucie Hradecka anzutreten. Die 29-jährige Tschechin galt als Doppelspezialistin und rangierte vor den Australian Open nur auf Rang 143 der WTA-Einzelweltrangliste. In Melbourne sorgte sie für Furore, als sie in der ersten Runde Ana Ivanovic in drei Sätzen bezwang und sich in einem weiteren Dreisatzkampf auch gegen die Slowenin Hercog durchsetzte. Der dritte Achtelfinal-Einzug von der 25-Jährigen Deutschen in Melbourne war nur möglich, weil sie zurzeit wieder unbekümmert aggressives Powertennis bietet und sich von dem besonderen Flair des Turniers auf dem fünften Kontinent inspiriert fühlt. “Ich bin sehr zufrieden mit meiner Leistung. Ich fühle mich hier einfach sehr wohl, es ist mein Lieblings-Grand-Slam”, versicherte die sensible Tennis-Lady aus Bad Oldesloe im Südosten Schleswig-Holsteins.
Sie beginnt auch konzentriert und entschlossen, breakt ihre hart aufschlagende Gegnerin früh und geht 5:2 in Führung. Dann reist ihr der Faden, sie produziert öfters drei direkte Fehler in Folge und Hradecka gewinnt vier Spiele nacheinander. Weil die Linkshänderin aus Prag auch unnötig viele Fehler macht, kommt Julia in den Tiebreak, den sie sogar nach frühem Rückstand noch gewinnt. Das Spielgeschehen verändert sich nicht im zweiten Satz – lange Ballwechsel sind eine Seltenheit. Beim Spielstand von 3:3 gelingt der Holsteinerin ein Break. Bei 5:4-Führung und eigenem Aufschlag hat sie drei Matchbälle, die sie leicht vergibt und daraufhin den 5:5-Ausgleich hinnehmen muss. Es ist bewundernswert, dass die Deutsche trotz der Rückschläge nicht von ihrer risikoreichen Spielweise abweicht. Sie geht 6:5 in Führung. Den vierten Matchball verwandelt Julia, schaut kurz fassungslos in den australischen Himmel und drischt dann einen Ball vor Freude auf die obersten Zuschauerränge. Sie hat die Chance genutzt. Die bessere Beinarbeit Julias hat den Unterschied ausgemacht. Zum dritten Mal in ihrer Karriere hat sie das Achtelfinale des Grand Slams in Melbourne erreicht!
Eine knappe Stunde nach dem ersten deutschen Tagessieg ging unsere zweite Hoffnung in der Damenkonkurrenz bei den Australian Open auf den Platz. Carina Witthöft spielte in Melbourne das erste Mal in ihrer noch jungen Profi-Laufbahn in einem der großen Stadien der Grand Slam Turniere.
Die 19-Jährige aus Wentorf im Osten Hamburgs wird in Australien von Barbara Rittner trainiert und betreut. „Sie wird ihren Weg gehen, aber es dauert noch zwei, drei Jahre“, sagte Rittner über den 1,76 Meter großen Teenager, der für den Achtelfinaleinzug zur Belohnung Tickets für ein Konzert von Helene Fischer in der Hansestadt erhielt. Die Trainerin des erfolgreichen deutschen Fed Cup-Teams lobte „die Unbeschwertheit, Fähigkeit zur Selbstkritik und sogar die positive Zickigkeit“ der Hamburger Perle. Eine Zeit lang galt Witthöft als zu ungeduldig auf dem Platz und zu feier- und ausgehfreudig für eine professionelle Tennisspielerin. Vor dem heutigen Match gegen Irina-Camelia Begu in der Hisense-Arena wird sie wohl kaum Zeit und Energie für Partys gehabt haben. Ihre Gegnerin, die 24-Jährige Rumänin Irina-Camilia Begu hatte in der ersten Runde sensationell – zum Leidwesen der deutschen Tennisfans - Angie Kerber in einem harten Dreisatzkampf besiegt. Frisch, frei und frech trat das Hamburger Ausnahmetalent dann zu Beginn der Partie auf und peitschte ihre aggressive Vorhand erbarmungslos über das Netz. Begu hielt kontrolliert dagegen. Der schwächelnde Service der jungen Hanseatin und die solidere Spielweise der Rumänin ließ Witthöft zu Beginn des Auftaktsatzes 1:3 in Rückstand geraten. Die Deutsche glich aber mit zwei Spielgewinnen aus und gewann auch das dritte Spiel in Folge. Ihre routinierte Gegnerin hielt dagegen, holte sich die nächsten drei Spiele und konnte den 1.Satz mit 6:4 für sich entscheiden. Im zweiten Satz ließ sich Carina nicht unterkriegen, der Kampf auf Augenhöhe setzte sich fort. Am Ende des zweiten Durchgangs konnte Begu wieder die entscheidenden Punkte gewinnen und zog mit einem 6:4 fassungslos und glücklich zum ersten Mal in ihrer Karriere in das Achtelfinale eines Grand Slams ein.
Die Bäume wachsen nicht in den Himmel. Mit einer Verbesserung des Services und geschickterem Spiel aus der Defensive wird sich Carina Witthöft mit der Zeit aber in der Weltspitze etablieren.
Vor der Evening-Session am fünften Tag des Grand Slams hatten die Favoriten in der australischen Hauptstadt weiterhin Probleme: Sara Errani unterlag in drei Sätzen der Belgierin Wickmayer. Nur mit Mühe und Not konnte Grigor Dimitrov den Zyprioten Bhagdatis im fünften Satz schlagen.
Eugenie Bouchard (gegen Caroline Garcia), Tomas Berdych (gegen Victor Troicki) und die an 10-gesetzte Russin Makarova (gegen die Tschechin Pliskova) setzten sich souverän ohne Satzverlust durch und erreichten das Achtelfinale.