Die Matches der deutschen Tennisprofis bei den Australian Open am Mittwoch haben wieder neue Hoffnung gegeben, aber generelle Euphorie ist fehl am Platz. Andererseits sollte man die Feste feiern, wie sie fallen. Deshalb sollten wir uns ohne Vorbehalt über die erfrischenden Auftritte von Carina Witthöft freuen und Julia Görges Leistungssteigerung honorieren.
Am Donnerstag traten die drei anderen deutschen Repräsentanten, die die erste Runde überstanden hatten, an. Als erster ging Matthias Bachinger gegen Jakko Nieminen auf den Platz. Der Münchener setzte im ersten Satz seine im neuen Jahr verbesserten Leistungen und die offensive Spielweise fort, verlor den Durchgang aber knapp gegen den finnischen Routinier im Tiebreak. Im zweiten Satz unterliefen dem Deutschen anfangs etwas häufiger leichtere Fehler und der Finne ging 5:2 in Führung. Matthias kämpfte sich zurück, gewann drei Spiele in Folge, glich aus, um dann doch zweiten Durchgang mit 5:7 abzugeben. Auch im dritten Satz gelang dem Deutschen nicht die entscheidende Wende. Er verlor 6:7, 5:7 und 4:6.
Von Mona Barthel konnte man gegen die letztjährige Wimbledonsiegerin Petra Kvitova keinen Sieg erwarten. Die Neumünsteranerin spielte mit ihrem druckvollen Grundlinienspiel auf fast gleichem Niveau wie die Tschechin. Mit zwei kleinen, aber entscheidenden Unterschieden: Kvitova startete viel mehr erfolgreiche Netzangriffe und sie war von ihrem Sieg überzeugt. Mona wirkte brav, hatte aber bei entscheidenden Punkten nie die Aura, die eine Sensation erwarten ließ. Folgerichtig schied sie mit 2:6 und 4:6 aus.
Benjamin Becker hatte die Ehre in der Evening-Session gegen den ewigen Darling des australischen Tennis, Lleyton Hewitt, in der ehrwürdigen Rod Laver Arena anzutreten.
Er ließ sich im ersten Satz sowohl von den ehemaligen Wimbledonsieger, als auch von dem Hexenkessel, den das Publikum inszenierte, beeindrucken. Nach weniger als 60 Minuten Spielzeit lag er 2:6 und 0:6 zurück! Hewitt feierte jeden gewonnenen Punkt frenetisch. Das hätte er eigentlich nicht nötig gehabt: Nach 2 Sätzen hatte er mehr als doppelt so viele Ballwechsel gewonnen wie sein Gegner! Aber er hatte wohl Gründe: Das Blatt wendete sich nämlich im dritten Satz: „Benni“ kam in das Spiel, gewann den Durchgang 6:2. Der Australier wirkte plötzlich verunsichert, gab auch den vierten Satz – trotz leidenschaftlicher Anfeuerung des Publikums – mit 2:6 ab. Erbarmungslos entschlossen nutzte der Deutsche seine Chance und ging 5:1 in Führung. Mit dem Rücken zur Wand wehrte sich Hewitt mit allen Kräften, gewann drei Spiele in Folge. Bei 5:4 Führung und Aufschlag Becker erreichte dieses Tennisdrama seinen Höhepunkt. Hewitt wehrte zwei Matchbälle ab. Benni behielt in der Hölle von Melbourne die Nerven und konnte den nächsten Matchpoint endlich verwandeln. Der einzige deutsche Sieg an diesem Tag war geschafft. Das hatte allerdings Nerven gekostet.
Das Publikum feierte den Beautyful Looser Hewitt trotzdem.
Die japanische Schlägerfirma YONEX hat sich weiter auf dem 5.Kontinent beliebt gemacht. Die Publikumslieblinge Kyrgios und Hewitt feiern Erfolge mit den Rackets des japanischen Herstellers. In Deutschland hat YONEX immer noch das (anachronistische!) Image, dass die Japaner nur exzellente Damenschläger fabrizieren können. Die haben allerdings Kerber und Lisicki auch nicht weiter geholfen…
Das Favoritensterben in Melbourne – 12 gesetzte Herren und 10 gesetzte Damen waren in den ersten drei Tagen frühzeitig ausgeschieden – setzte sich nicht am vierten Tag fort. Im krassen Gegenteil: Vor der Evening-Session hatten ohne Ausnahme 16(!) gesetzte Spieler ihre Matches gewonnen! Darunter die Topfavoriten Williams, Radwanska, Halep, Wawrinka und Djokovic. Da freute sich auch der andere Beckerbursche:
Am Abend verlor allerdings die an 8-gesetzte Caroline Wozniacki gegen Victoria Azarenka (die entwickelt sich unter der Obhut von Martina Navratilova zu einem Geheimtipp!) 2:6 und 4:6. Der an 17-gesetzte Gael Monfils erlitt bei den Herren das gleiche traurige Schicksal: Er unterlag dem Polen Janowicz in einem Marathonmatch mit 4:6, 6:1. 7:6, 3:6 und 3:5.
Zum Ende des Posts wieder ein kurzer und schmerzvoller Blick über unsere südöstliche Grenze: Die Österreicher können sich in der kommenden Woche auf Abfahrt – und Slalom – konzentrieren: nach Dominic Thiems gestriger Niederlage ist mit Andreas Haider-Maurer (4:6, 6:7, 6:4 ,4:6 gegen Isner) jetzt auch ihr letzter Teilnehmer bei dem Grand Slam im Einzel ausgeschieden.
Zu den südwestlichen Nachbarn können die Ösis und wir nur mit Bewunderung aufschauen: Nach den Erfolsgaranten Federer und Wawrinka spielt in Melbourne auch Timea Bacsinszky groß auf: mit 6:7, 6:3 und 6:2 gegen das US-Girl Tatishvili zog sie in die dritte Runde des Grand Slams ein.