Nur noch vier Damen und acht Herren dürfen den heiligen Rasen des Tennismekkas Wimbledon im Einzel betreten. Bei den heutigen Viertelfinal-Matches der Herren drohte weiteren vier Spielern das Verlassen des Tennis-Heiligtums.
Im Gegensatz zu den Damen haben sich die großen Favoriten in der Herrenkonkurrenz bis in die Endphase durchgesetzt. Alle vier Topgesetzten hatten am Mittwoch die Chance, das Semifinale zu erreichen.
Der 25-jährige Vacek Pospisil (ATP Nr.54) hat bei den Championships für positives Aufsehen gesorgt. Der relaxte Kanadier mit Wohnsitz auf den Bahamas hatte das zweifelhafte Vergnügen, um 13 Uhr Ortszeit auf dem Centre Court gegen den Weltranglistendritten Andy Murray, das Publikum und eine ganze britische Tennisnation vor den TV-Bildschirmen anzutreten. Dem Schotten gelang dann ein frühes Break. Auch eine Regenunterbrechung hielt den Publikumsliebling nicht auf: Ohne einen einzigen Breakball zuzulassen, gewann Murray den 1. Satz mit 6:4.Im 2.Satz gewinnen beide Kontrahenten ihre Aufschlagspiele. Bei 4:3-Führung des Kanadiers unterbricht wieder ein Regenschauer die Partie. Murray findet nach der Pause besser in das Spiel und setzt sich im zweiten Durchgang mit 7:5 durch.
Trotz offensichtlicher Dominanz schimpft der Brite im 3.Satz wie ein Rohrspatz über vergebene Chancen. Erst bei 4:4 gelingt ihm das Break. Dann tändelt er ein wenig herum, bis er den „Sack zumacht“ und mit 6:4 im dritten Durchgang in das Halbfinale marschiert.
Als erster Vertreter der Grand Nation im Viertelfinale ging Gilles Simon (ATP Nr.12) auf Court 1, um den mehrfachen Wimbledonsieger Roger Federer das Leben endlich schwer zu machen. Die Schweizer Tennislegende hatte in den Vorrunden gerade einmal einen Satz abgeben müssen und noch kein Aufschlagspiel verloren. Roger beginnt dann auch sofort mit einem souverän gewonnenen Aufschlagspiel. Das Servicegame von Simon dauert länger, der Schweizer nutzt den zweiten Breakball, geht danach mit 3:0 in Führung. Dann wird unterbrochen. Der berühmt-berüchtigte Londoner Regen funkt mal wieder dazwischen. Als die Partie wieder aufgenommen wird, verändert sich die Situation nicht gravierend: Der siebenfache Wimbledonsieger bringt seine Aufschlagspiele souverän durch und gewinnt den 1.Satz mit 6:3. Auch im 2.Satz wirkt es, als habe der Schweizer das Geschehen total unter Kontrolle. Bei 3:3 gelingt ihm ein deutliches Break, er geht dann 5:4 in Führung, serviert zum Satzgewinn und verliert sang- und klanglos seinen Aufschlag zum 5:5. Diese Unkonzentriertheit korrigiert der Maestro sofort: er breakt den Franzosen gleich im nächsten Spiel. Dann müssen wieder die Regenschirme aufgespannt werden – die Begegnung wird unterbrochen. Als die Spieler zurückkehren, gewinnt in wenigen Minuten Federer den Durchgang mit 7:5 und nimmt Simon gleich zu Beginn des 3.Satzes den Aufschlag ab. Bis zum Ende diktiert der Schweizer das Match, gewinnt den 3. Satz mit 6:2 und zieht in das Semifinale gegen Andy Murray ein. Da wird er anders gefordert werden.
Das ewige Duell Serbien gegen Kroatien fand in der zweiten Spielrunde auf dem Centre Court eine sportliche Neuauflage: Der an 9-gesetzte Marin Cilic traf dort auf den Titelverteidiger und Weltranglistenersten Novak Djokovic. Trotz der Aufschlagstärke von Cilic beherrschte der Djoker das Spielgeschehen. Ein Break reichte, um den 1.Satz mit 6:4 zu gewinnen. Auch im weiteren Verlauf behielt der Serbe die Oberhand. Er gewann den 2.Satz wieder mit 6:4 und vollendete die Serie mit einem 6:4 im 3.Satz. Eine souveräne Vorstellung des Titelverteidigers, in der er Energien für das kommende Halbfinale einsparte.
Das zweite Duell zwischen Frankreich und der Schweiz am Viertelfinaltag trugen Richard Gasquet (ATP Nr.20) und der Weltranglistenvierte Stan Wawrinka wieder auf Court 1 aus. Der Außenseiter Gasquet beginnt sehr konzentriert, „Stan the man“ kommt schwerer in das Spiel, verliert früh seinen Aufschlag. Der Franzose setzt sich im 1.Satz mit 6:4 durch. Im 2.Satz gelingen der Schweizer Nr.2 mehr Gewinnschläge und erbehauptet sich mit 6:4. Das Match schien in der Hand des Favoriten zu sein: Der an 4-gesetzte Wawrinka behielt im 3.Satz mit 6:3 die Oberhand. Wer jetzt damit rechnete, dass Stan weiterhin auf der Erfolgsspur bleibt, irrte sich: Richard setzte dagegen und erkämpfte sich den 6:4-Gewinn des 4.Durchganges.
Alles war wieder offen. Bis 9:9 war die Partie vollkommen ausgeglichen. Dann wurde Wawrinka gebreakt. Gasquet behielt die Nerven, hatte 3 Matchbälle in Folge und vollendete den dritten. Die Sensation war perfekt – mit 11:9 gewann Richard Gasquet den 5.Satz und wird jetzt den Djoker im Semifinale von Wimbledon herausfordern.
Ohne große Mühen haben die ersten drei Topgesetzten das Halbfinale der Championships erreicht. Business as usual. Der Überraschungssieg von Richard Gasquet hat Farbe in die Herrenkonkurrenz gebracht.