Ein 21-jähriger deutscher Tennisprofi, der sich schon unter die Top 50 der ATP-Weltrangliste gespielt hatte, erlitt während eines großen Turniers in Frankreich einen schweren Autounfall mit dem Fahrdienst des Veranstalters. Er lag mit einer schweren Stammhirn-Verletzung 6 Wochen zwischen Leben und Tod im Koma. Die Diagnose war niederschmetternd: die Ärzte prognostizierten eine halbseitige Körperlähmung für alle Zukunft, geistige Behinderungen wurden nicht ausgeschlossen. Auf keinen Fall war an eine Rückkehr auf die ATP-Tour zu denken.
Als er aus dem Koma aufwachte und später die Intensivstation verließ, wurde er auf Anraten der Ärzte zu Hause rehabilitiert. Die Genesung lief überraschend positiv. Das lag einerseits an seiner Willensstärke und Disziplin als ehemaliger Spitzensportler, andererseits wurde er durch die zahlreichen Visiten seinen Tour-Kollegen aus Schweden, Argentinien, Brasilien und Deutschland dazu motiviert, guten Mutes den Kampf um den Weg zurück in das Leben aufzunehmen.
Ein halbes Jahr nach dem Unfall kam er mit seinen Betreuern einer Einladung nach, in Melbourne bei den Australian Open als Zuschauer wieder die Luft seiner alten Wirkungsstätten zu schnuppern. Als der Turnier-Fahrdienst ihn vom Hotel in der australischen Hauptstadt abgeholt hatte, und der Wagen in die Transport-Katakomben unter dem Stadion einfuhr, verließ gerade der damalige Weltranglistenerste John Mc Enroe, berühmt-berüchtigt als furchteinflößender „Tennis-Rüpel“, mit seinem Fahrdienst die Turnierstätte. Als der junge, inzwischen 22-jährige Deutsche aus seinem Auto ausstieg, stoppte in 5o Meter Entfernung der PKW mit dem US-Star. Mc Enroe stieg aus, sprintete zurück, umarmte den überraschten und noch verunsicherten Deutschen und sagte mit deutlich bewegter Mimik: „Welcome back on the Tour!“
Das war nur der Anfang der Willkommenskultur der ATP-Profis bei dem Grand Slam-Turnier. Wo immer sich der noch nicht vollständig genesene Ex-Tennisprofi auf der Anlage aufhielt, wurde er mit herzlicher Freude und guten Wünschen von seinen ehemaligen Kollegen aus aller Welt begrüßt.
Als er sich abends müde, aber sichtlich glücklich, zum Schlafen in sein Hotelbett gelegt hatte, erhielt sein Coach auf dem gemeinsamen Zimmer einen Anruf. Eine rauchige Stimme mit russischem Akzent bat darum, mit dem jungen Deutschen zu sprechen. Es war Andrej Chesnokov, der zur damaligen Zeit zu den Top Ten der Weltrangliste zählte, Er bat darum, dass „sein deutscher Freund“ ihn am nächsten Morgen um 10 Uhr vor seinem Auftaktmatch einschlagen möge. Der Coach erklärte „Chesno“, dass sein avisierter Warm-Up- Partner noch nicht in der Lage sei, die Bälle in gewohnter Form zu schlagen. Dass alle schon froh darüber seien, dass er gegenwärtig unfallfrei Stehen und Gehen könnte. Der Anrufer war entschlossen, erklärte, dass ein Profi niemals sein Können ganz verliere. Er wäre seinem Ex-Kollegen auf der Anlage begegnet und habe einen sehr guten Eindruck von ihm gewonnen. Inzwischen war der Deutsche wach geworden, hatte das Gespräch mit verfolgt. Er ging selbst an das Telefon, sprach mit dem Russen und sagte – nach kurzer Unterredung mit seinem Betreuer – den Termin zu.
Am nächsten Morgen schlugen die beiden sich ein. Das lief mehr schlecht als recht. Einige Tennisbälle wurden von „Chesnos“ Hitting-Partner den hinter dem Zaun im Grass liegenden Schlangen zum Fressen vorgeworfen. Trotzdem gewann die russische Nr.1 sein Auftaktmatch.
Am übernächsten Abend erhielt die deutsche Gruppe auf ihrem Hotelzimmer wieder einen Anruf von dem russischen Weltklassespieler. Das Einschlagen wäre ja erfolgreich gewesen, deshalb bitte er darum, dass er sich wieder mit „my German friend“ für sein Zweitrundenmatch einschlagen dürfe.
Gesagt, getan. Der junge Deutsche war stolz auf seine Aufgabe. Er war glücklich, in den Kreis seiner ehemaligen Kollegen wieder ganz normale Aufnahme gefunden zu haben.
Diese Erlebnisse in Melbourne haben sicherlich zum weiteren Gelingen seiner Rehabilitation beigetragen. Heute lebt er mit seiner Frau in der Schweiz, hat drei Kinder und leitet eine Tennis-Akademie am wunderschönen Genfer See. John Mc Enroe kommentiert jetzt für viele internationale TV-Sender die Grand Slam-Turniere. Andrej Chesnokov steht gegenwärtig an der Spitze des russischen Tennisverbandes.
Die Story ist wahr, liegt nur 25 Jahre zurück und zeigt die Solidarität, Sensibilität und Herzlichkeit der „ach so coolen“ Tennisstars.
Wir waren dabei. Das Erlebnis ist sicherlich ein Motiv, warum wir unsere Fingerkuppen wundschreiben, um Tennis wieder mehr in die Aufmerksamkeit der deutschen Gesellschaft zu rücken.
12. Januar 2017 um 13:55 Uhr
Hallo,
interessante und informative Beiträge hier, super. Habe längere Zeit als stiller Gast nur mitgelesen und mich jetzt mal angemeldet.
Ich würde mich freuen, wenn ihr bei Gelegenheit auch einmal auf meinem Blog zum Thema Textilreinigung vorbeischauen würdet.
Alles Liebe
Herbert
Grasflecken