Ende des vergangenen Jahres hatte Angelique Kerber in einem Interview angekündigt, dass sie es 2016 bei den Grand Slams „krachen lassen“ wolle. Schon bei dem ersten Grand Slam-Turnier des neuen Jahres hat sie dieses Versprechen eingelöst: War sie bei den Australian Open im letzten Jahr noch enttäuschend in der 1.Runde ausgeschieden, steht sie jetzt nach einem aufsehenerregende Siegeszug im Finale von Melbourne. Der größte deutsche Tenniserfolg seit Sabine Lisickis Wimbledon-Finaleinzug 2013 und dem Endspielauftritt des deutschen Fed-Cup-Teams 2014 in Prag.
Die Kielerin, die stolz auf ihre polnischen Wurzeln ist, macht nicht viele Worte. Wenn sie sich einmal ein wenig verbal aus dem Fenster lehnt, kann man sich darauf verlassen, dass ihre Aussagen fundiert sind. Vor dem Finale gegen Serena Williams sagte sie: „Ich werde alles geben, ich habe nichts zu verlieren. Ich freue mich auf das Spiel”. Sie hat die „Queen der WTA“ auch schon ein Mal 2012 in Cincinatti besiegt, allerdings auch 5 Partien gegen Serena Williams auf der WTA-Tour verloren. In keiner der bisherigen Begegnungen ist dieses Duell in den dritten Satz gegangen.
Einen psychologischen Vorteil hat unsere Spitzenspioelerin: Williams will unbedingt mit dem 22. Grand Slam Titel in der ewigen WTA-Bestenliste mit Steffi Graf gleichziehen. Diesem selbstauferlegten Druck hatte sie schon bei den US Open im Match gegen Vinci nicht standhalten können.
Angie ist beim ersten Aufschlagspiel der Amerikanerin noch etwas angespannt, verliert es. Dann gewinnt sie glücklich ihren eigenen Aufschlag und breakt ihre scheinbar übermächtige Gegnerin in derem zweiten Servicegame. Entschlossen baut sie den Vorsprung auf 3:1 aus. Die Weltranglistenerste setzt dagegen, verkürzt auf 2:3.
Angie steht in diesem Kampf unter enormen Druck bei den Powerschlägen der Amerikanerin, sie nutzt aber jede Gelegenheit selbst, Druck auszuüben. Trotz eines Spielballes der Deutschen gleicht Williams aus. Angie lässt sich nicht unterkriegen, breakt die Powerfrau aus den USA, baut die Führung auf 5:3 aus. Bei 5:4 und eigenen Aufschlag spielt die Kielerin entschlossen und kühl, gibt keinen Punkt ab und gewinnt sensationell den 1.Satz 6:4! Schon jetzt eine bravouröse Leistung.
Im zweiten Durchgang tritt Williams wild entschlossen auf, geht nach einem Break 4:1 in Führung, obwohl Angelique immer noch auf hohem Niveau dagegenhält. Die Favoritin aus den USA macht aber kaum noch leichte Fehler. Bei ihrem 6:3- Satzsieg stehen 23(!) unforced errors aus dem ersten Durchgang nur 6 im zweiten Durchgang gegenüber.
„Noch ist Polen nicht verloren“.
Im entscheidenden 3.Satz ist Angie gleich wieder „voll“ da. Mit mehreren Gewinnschlägen bringt sie gleich das wichtige erste Aufschlagspiel durch. Sie wächst über sich hinaus, breakt ihre Kontrahentin ohne einen Punkt abzugeben und geht sogar 2:0 in Führung. Williams gelingt ein Rebreak, gleicht auf 2:2 aus. Kerber serviert sehr gut, erkämpft sich einen 3:2-Vorsprung. Das nächste Spiel dauert über 12 Minuten. Die Kielerin punktet mit gefühlvollen Stoppbällen, führt jetzt 4:2. Großes Tennis! Die Deutsche bleibt fokussiert und entschlossen, serviert sogar ein Ass und baut den Vorsprung auf 5:2 aus! Das Tor ist sperrangelweit offen für den ersten deutschen Grand Slam-Sieg in diesem Jahrhundert! Die US-Powerfrau ist eine Kampfmaschine. Nach hochklassigen Ballwechseln verkürzt sie auf 4: 5. Bei Aufschlag Williams hält Angie dem Druck stand und verwandelt ihren ersten Matchball. Sensationell! Die 28-jährige Deutsche gewinnt das Dameneinzel der Australian Open mit 6:4 im entscheidenden Durchgang und holt sich den Cup!
In der ersten Runde stand sie gegen die Japanerin Doi schon kurz vor dem Aus – musste Matchbälle abwehren. Schnee von gestern. Angelique Kerber hat sich als vorbildliche Botschafterin des deutschen Tennis der Welt präsentiert.
Serena Williams erwies sich nach dem Match als faire Verliererin. Sie drückte gleich nach der Niederlage ihre totale Anerkennung der großartigen Leistung von Angie Kerber mit warmen Worten aus.
Gemeinsam haben die Murray-Brothers den Davis Cup für Großbritannien gewonnen. In Melbourne sind sie erfolgreich auf unterschiedlichen Wegen: Während Jamie zusammen mit seinem brasilianischen Partner Bruno Soares das Doppelfinale gegen Daniel Nestor (Kanada) und Radek Stepanek (Tschechien) erreichte, hat Andy sich in das Finale im Einzel gegen Novak Djokovic am Sonntag gekämpft. In einem Marathon-Match bezwang der Schotte den Kanadier Milos Raonic mit 4:6, 7:5, 6:7,6:4, 6:2.
Mama Judy ist stolz auf ihre beiden Söhne.