Die DTB-Funktionäre, die Tennisindustrie und die deutschen Tennisfans warteten ungeduldig auf den großen Erfolg, der den bunten weißen Sport im 21.Jahrhundert endlich wieder standesgemäß in den Blickpunkt der deutschen Öffentlichkeit bringt. Angelique Kerber bewies vor etwas mehr als einer Woche, dass „nichts unmöglich ist“, schlägt die Powerqueen Serena Williams im Finale des Grand Slams in Down Under. Tennis boomte seitdem schon ein wenig in unserem Land. Den Rückschlag beim Fed Cup nahmen wir gelassen hin, weil die deutschen Herren in die Bresche sprangen und sehenswerte Erfolge bei den ATP-Turnieren errangen. Die Autoren von Tennisblogs sahen schon dem großen Aufschwung des deutschen Tennis mit Frohlocken entgegen. (Auch weil die Besucherzahlen explosiv anstiegen.)
„Nach den Mühsalen des Aufstiegs, warten die Mühsale der Ebenen auf uns“ – diesen Satz hat der BB der deutschen Literatur (Nicht unser Boris, obwohl ausgerechnet der ein Buch über Kindererziehung publiziert hat, sondern Bert Brecht, der viele junge Schüler in der Schule davon abgehalten hat, sich mit deutscher Dichtung anzufreunden…) in die Welt gesetzt.
Er hat mit Recht diese Aussage getroffen: Unsere Euphorie wurde am Donnerstag gedämpft, als wenn jemand mit einer kleinen Stecknadel in die dünne Hülle eines straff aufgeblasenen Luftballons gestochen hätte: Die „zweite Garde“ bei den Frauen ist nach den erfreulichen Anfangserfolgen jetzt komplett im Achtelfinale des Turniers in St.Petersburg ausgeschieden.
Annika Beck lieferte der Kerber-Bezwingerin Belinda Bencic einen großen Kampf, musste sich aber 6:7(3), 3:6 geschlagen geben.
Laura Siegemund scheiterte dann gegen Daria Kasatkina aus der Ukraine 3:6, 4:6.
Unserer jungen Hoffnungsträgerin Carina Witthöft ging in ihrem Match gegen die Russin Anastasija Pawlyuschenkova (WTA Nr. 21) auch die Luft aus. Die 18-jährige Hamburgerin lag 1:6 und 2:4 zurück, kam besser in das Spiel, glich auf 5:5 aus und verlor doch zum Schluss mit 5:7 im zweiten Satz.
Der Spieltag wird als „Schwarzer Donnerstag“ in die Geschichte unserer weiblichen Tennisprofis eingehen.
Die Matches der beiden deutschen Herren, die in Holland und in den USA antraten, wurden nach Mitternacht deutscher Ortszeit beendet.
Alexander Zverev begann großartig gegen den an 3-gesetzten Gilles Simon in Rotterdam. Er gewann gegen den Weltranglistenfünfzehnten den 1.Satz 7:5, verlor aber nach hartem Widerstand den 2.Satz mit 3:6. Der entscheidende dritte Durchgang wurde zum Tenniskrimi. In einem Match auf Augenhöhe konnte keiner der beiden Kontrahenten einen entscheidenden Vorsprung erringen, der Tiebreak musste entscheiden. Nach fast drei Stunden Spielzeit gelang um 0.15 Uhr am Freitag dem für sein Alter extrem abgeklärten Hamburger die Sensation: Er schlug den Franzosen mit 7:4 im Tiebreak des 3.Satzes und zog strahlend als zweiter Deutscher neben Philipp Kohlschreiber in das Viertelfinale von Rotterdam ein.
Der „Schwarze Donnerstag“ war damit schon „Schnee von gestern“.
BB der III., alias Benjamin Becker, fühlt sich wohl in seiner ehemaligen Studienheimat USA. Das bewies er auch im 1.Satz seines Matches gegen den an 7-gesetzten Australier John Millman, den er 6:2 gewann. Zu Beginn des 2.Satzes drehte der Aussie den Spieß um, ging 4:1 in Führung. Benni hielt dagegen, glich später aus und erreichte das Viertelfinale in Tennessee mit einem 8:6-Sieg im Tiebreak des zweiten Durchgangs!
Verkehrte deutsche Tenniswelt: Drei deutsche Damen scheiden im Achtelfinale von St.Petersburg aus, drei deutsche Herren stehen im Viertelfinale der ATP-Turniere von Memphis und Rotterdam.