Das hatten wir uns anders vorgestellt: Überraschender Weise droht dem deutschen Davis Cup-Team erneut der Gang in die Relegation um den Klassenerhalt in der Weltgruppe. Nach der Doppel-Niederlage der Brüder Alexander und Mischa Zverev liegt die Auswahl des Deutschen Tennis Bundes in Frankfurt gegen Belgien, das ohne Spitzenspieler Goffin angetreten war, mit 1:2 in Rückstand.
Am Sonntag müssen die Gastgeber in der Fraport Arena beide Einzel gewinnen, um in das Viertelfinale einziehen zu können.
Dieses Vorhaben war nicht aussichtslos: In den noch ausstehenden Matches gingen die deutschen Spieler nach der Papierform als Favoriten in das Match.
Im ersten Einzel am Sonntag musste unser Youngster Alexander Zverev gegen Steven Darcis, der im Auftakteinzel Kohlschreiber in fünf Sätzen niedergekämpft hatte, „die Kohlen aus dem Feuer holen“.
Der Druck, der auf dem „German Wunderkind“ lastete, war zu Beginn nicht zu spüren. Er schlug sehr gut auf, breakte Darcis in dessen erstem Servicegame und ging schnell 3:0 in Führung. Das Publikum feierte jeden Punkterfolg des Hamburgers wie einen Wimbledonsieg. Der Belgier stand offensichtlich unter Druck, verlor wieder sein Aufschlagspiel und musste anschließend den 0:5-Rückstand hinnehmen. Sascha gab die nächsten beiden Spiele ab, konnte dann aber mit 6:2 den 1.Satz unter Dach und Fach bringen.
Im nächsten Durchgang war der 19-jährige Hamburger sofort präsent, setzte seinen Kontrahenten mit einem Break und dem anschließenden 2:0-Vorsprung weiter unter Druck. Aus heiterem Himmel ließ seine Konzentration und Entschlossenheit bei 4:2-Führung nach, er verlor vier Spiele in Folge und den 2.Satz mit 4:6.
Das Publikum in der Fraport-Atena war geschockt.
Bis zum 3:3 gewannen im folgenden Durchgang beide Kontrahenten ihre Aufschlagspiele. Dann breakte Sascha seinen Gegner, kassierte aber sofort das Rebreak. Darcis gewann auch die nächsten beiden Spiele und den 3.Satz 6:4.
Deutschland stand kurz vor der unerwarteten Niederlage.
Der 19-jährige Hamburger zeigte zu Beginn des vierten Durchgangs Kampfgeist und gute Nerven. Bis 4:4 waren beide Kontrahenten in ihren Aufschlagspielen erfolgreich. Der Belgier spielt entschlossen auf, ging 5:4 in Führung. Sascha stand mit dem Rücken zur Wand, das Publikum feuerte ihn frenetisch an, er glich auf 5:5 aus. Darcis blieb unbeirrt, gewann sein Servicegame zum 6:5 souverän.
Wie kann ein normaler 19-Jähriger dieser Verantwortung, diesem Druck und dieser Spannung standhalten?
Sascha servierte erst einmal ein Ass, glich anschließend zum 6:6 aus. Im Tiebreak wurde um jeden Punkt gerungen. Bis 4:5-Rückstand des jungen Deutschen gab es kein einziges „Mini-Break“. Dann servierte Sascha einen Doppelfehler – der Belgier hatte zwei Matchbälle. Den ersten wehrte Zverev mit einem Schlag, der nur wenige Millimeter auf der Linie landete, ab. Dann wehrte er den zweiten Matchball zum 6:5 im Tiebreak ab.
Welche Dramatik!
Darcis erspielte sich den dritten Matchball. Der kaltschnäuzige Hamburger servierte ein Ass, erspielte sich dann den ersten eigenen Satzball.
Darcis behielt die Nerven, machte die nächsten beiden Punkte. Beim vierten Matchball wurde ein unendlich lang scheinender Ballwechsel gespielt, als der Belgier an das Netz vorrückte, verschlug der Deutsche den Passierschlag.
Steven Darcis hatte das Match mit 7:6 im 4.Satz gewonnen und damit für den uneinholbaren 3:1-Vorsprung Belgiens in der Davis Cup-Partie gegen Deutschland gesorgt.
Deutschland wird in der Relegation um den Klassenerhalt in der Weltgruppe spielen müssen.
Das letzte Einzel ist ohne jegliche Bedeutung.