In Hamburg schien am Freitag die Sonne – das ist zwar ungewohnt, aber wir wissen es deshalb um so mehr zu schätzen. Im Sunshine State Florida regnete es so stark, dass schon in der ersten Spielrunde einige Matches bei den Miami Open unterbrochen werden mussten.
Davon war der an 26-gesetzte Philipp Kohlschreiber (ATP 31) in seinem Auftaktmach gegen den US-Hoffnungsträger Taylor Fritz ((ATP 126) betroffen. Die Partie, die um 11 Uhr Ortszeit angesetzt war, konnte nach einer Stunde und fünfzig Minuten Spielzeit wegen starken Regens nicht fortgesetzt werden. Der 33-jährige Augsburger hatte dem Ansturm des 19-jährigen US-Boys im 1.Satz noch mit 7:5 standhalten können. Im 2.Satz dominierte Fritz mit seiner aggressiven Spielweise, setzte sich 6:3 durch. Bei 2:1-Führung des Amerikaners wurde das Match abgebrochen. Leider hatte Kohli zu diesem Zeitpunkt schon ein frühes Break im entscheidenden Durchgang kassiert. Ein starker Wind vertrieb dann die dunklen Wolken. Ziemlich missmutig kam der Deutsche nach der Pause auf den Court zurück und spielte dementsprechend. Er lag schnell 2:5 zurück. Mit zwei Doppelfehlern im eigenen Aufschlagspiel half der Youngster aus Kalifornien seinem Gegner, dessen Laune sich nicht unbedingt verbessert hatte, in das Match zurück. Kohlschreiber gewann dann in einem kuriosen Spielverlauf – mit weiterer Unterstützung von „Choking Fritz“! – die nächsten vier Spiele in Folge. Bei 5:6-Rückstand konnte der Ami ausgleichen. Im Tiebreak setzte sich der Routinier aus Deutschland 7:4 durch und zeigte nach verwandeltem Matchball mit seinem Jubel endlich eine positive Emotion.
Sorry, aber zeitweise spielte auf Court 2 in Miami Not gegen Elend.
So what – Hauptsache Sieg. Wir sind ja auch alle froh, dass ein deutscher Tennisprofi die dritte Runde bei den „Miami Open“ erreicht hat…
Mischa Zverev hatte gegen den 20-jährigen Qualifikanten Jared Donaldson (ATP 95) gute Aussichten, die kleine deutsche Erfolgserie fortzusetzen. Der 20-jährige aus den USA war von Beginn an sehr gut auf das Serve- und Volleyspiel des Hamburgers eingestellt, returnierte und passierte entschlossen. Er breakte den älteren Zverev-Bruder in dessen ersten drei Aufschlagspielen zwei Mal und ging nach 15 Minuten 4:1 in Führung. Mischa blieb unbeirrt, verkürzte auf 3:4, dann auf 4:5. „Young Gun“ Donaldson ließ sich bei eigenem Aufschlag „die Butter nicht vom Brot nehmen“ und entschied den 1.Satz mit 6:4 für sich. Im zweiten Durchgang fing der Hamburger Linkshänder wieder ein frühes Break ein, konnte später den Aufschlag seines Gegners zum 4:4 breaken, kassierte aber sogleich das Rebreak zum 4:5, weil der starke böige Wind ihm besonders beim Volley immer wieder einen Strich durch die Rechnung machte. Donaldson verwandelte dann gleich seinen ersten Matchball zum 6:4 im 2.Satz. Mischas Ausscheiden dämpfte sogleich die kurz aufflackernde deutsche Euphorie nach dem glücklichen Sieg Kohlschreibers.
Angelique Kerbers erstem Auftritt in Miami sahen die deutschen Tennisfans mit vorsichtiger Hoffnung entgegen. Die Weltranglistenerste spielte in der „Evening-Session“ auf dem Center Court des „Stadiums“ gegen die Siegemund-Bezwingerin Ying Yang Duan (WTA 66). Die Partie war von Anfang an geprägt von unterschiedlichen Stilen, Tennis zu spielen: Die 27-jährige Chinesin agierte kompromisslos offensiv, die deutsche Linkshänderin versuchte Fehler zu vermeiden und punkte mit ihren Konterattacken. Zu Beginn setzte sich die Offensive Duans durch: sie ging 5:3 in Führung. Kerber reagierte mit einem Break, glich dann auf 5:5 aus. Das Match auf Augenhöhe wurde dann im Tiebreak entschieden. Hier setzte sich die Routine der Kielerin mit 7:3 durch.
Im nächsten Durchgang hatte Angie mehr Selbstvertrauen und behielt das Geschehen fest im Griff. Sie gewann den 2.Satz souverän mit 6:2 und zog in die dritte Runde der WTA-Konkurrenz in Miami ein.
Angelique Kerber hatte das Duell mit ihren „alten“ Tugenden gewonnen. Ihre Spitzenplatzierung in der Weltrangliste hatte sie im vergangenen Jahr auch deshalb erreicht, weil sie gegen die Topspielerinnen in entscheidenden Situationen mehr selbst die Initiative ergriffen hatte. Zu dieser Offensivkraft muss sie in den bevorstehenden Kämpfen um die Weltspitze wieder zurück finden.
Julia Görges (WTA 47) hatte in ihrem Zweitrundenmatch gegen die an 18-gesetzte Carla Suarez Navarro (WTA 24) einen harten Brocken aus dem Weg zu räumen. Die 28-jährige Bad Oldesloerin spielt unbekümmert und entschlossen auf, lieferte der Französin ein ebenbürtiges Match und setzte sich mit ihrer aggressiven Spielweise im 1.Satz mit 6:4 durch. Im 2.Satz wurde auf Augenhöhe weiter gekämpft. Der Clash musste im Tiebreak entschieden werden. Am Ende war Jule um eine Nuance besser, sie gewann die Satzentscheidung 7:5 und erreichte mit 6:4, 7:6 nach Kerber als zweite Deutsche die dritte Runde der „Miami Open“.
Jan Lennard Struff (ATP 63) traf am Abend auf den an 20-gesetzten Gilles Simon (ATP 25). Der Franzose war „völlig von der Rolle“: Ohne großen Widerstand seines Kontrahenten triumphierte der entschlossen auftretende 26-jährige Warsteiner mit einem 6:1, 6:1-Kantersieg.
Alexander Zverev wird als einziger deutscher Teilnehmer am Sonnabend in Miami an den Start gehen. Der 20-jährige Hamburger könnte als vierter deutscher Teilnehmer die Runde der letzten 32 erreichen.