Am Sonnabend, dem sechsten Tag des Grand Slams in Wimbledon, traten die letzten drei deutschen Tennisprofis, die sich noch im Wettbewerb befanden, zu ihren Drittrundenpartien an.
Die aktuelle Weltranglistenerste Angelique Kerber versuchte, auf Court Nr.2 gegen die US-Amerikanerin Shelby Rogers (WTA 70) mit einem Sieg das Achtelfinale zu erreichen – und die Chancen auf eine Verteidigung der Weltspitze zu wahren.
Beide Kontrahentinnen gewannen ihre ersten Aufschlagspiele, dann kassierte die Kielerin ein Break von der stämmigen Hardhitterin aus den USA. Nach drei Spielen standen 6 direkte Gewinnschläge bei der 24-Jährigen aus South Carolina zu Buche – die Deutsche hatte noch keinen aufzuweisen. Kerber erhöhte das Tempo, vergab einen Breakball und musste den 1:3-Rückstand hinnehmen. Rogers hielt den Vorsprung bis zum 5:3 nach 30 Minuten Spielzeit. Angie verkürzte auf 4:5, konnte dann aber den 4:6-Verlust des 1.Satzes nicht vermeiden, weil sie ihre Punktchancen in aussichtsreichen Situationen nicht nutzen konnte.
Auch zu Beginn des nächsten Durchgangs wirkte die Weltranglistenerste angespannt. Die Anspannung (Verspannung?) wirkte sich auch negativ auf ihre Schnelligkeit und Gewandtheit aus. Wieder wurde sie im ihrem zweiten Aufschlagspiel gebreakt. Die Vorjahresfinalistin lief dem Rückstand vergeblich bis zum Stand von 2:4 hinterher. Bei eigenem Service wehrte sie einen Breakball ab, punktete mit zwei Rückhand-Longline-Winnern und verkürzte auf 3:4. Endlich feuerte sie sich mit „Komm jetzt!“ selbst an, erlief jetzt auch wieder einige fast unerreichbare Bälle und konnte die nächsten beiden Spiele in Folge zur 5:4- Führung für sich entscheiden. Bis zum Tiebreak wurden alle Aufschlagspiele gewonnen. Im Satz-Showdown sah man endlich wieder „Angie Modell 2016“! Mit allen ihren alten Tugenden – wie Resilienz, Kampfgeist und Siegeswillen – sicherte sie sich den 2.Satz souverän mit 7:2 im Tiebreak.
Der entscheidende Durchgang begann gleich wieder mit unerhörter Spannung: Kerber brauchte sieben (!) Breakbälle, um der US-Amerikanerin das erste Aufschlagspiel abzunehmen. Sie erhöhte dann auf 2:0. Rogers gab nicht auf, traf plötzlich alles und gewann drei Spiele in Folge. Der Tenniskrimi setzte sich fort. In einem Kampf auf höchstem Niveau schlug unsere Nr.1 zurück, gewann jetzt drei Spiele nacheinander und ging 5:3 in Führung. Die Amerikanerin verkürzte auf 4:5,aber Angie blieb entschlossen, punktete mit platzierten Sliceaufschlägen und zog mit dem 6:4-Gewinn des 3.Satzes in das Achtelfinale von Wimbledon ein.
Weiter so Angie! Mit dieser Einstellung wirst du am Montag auch Garbine Muguruza in der Runde der letzten 16 niederringen können!
Anschließend ging der an 10-gesetzte Alexander Zverev (ATP 12) gegen den Qualifikanten Sebastian Ofner (ATP 217) auf Court 2. Der 21-jährige Österreicher hatte sich sensationell in die dritte Runde des Grand Slams vorgespielt. Mit diesem Erfolg hatte er schon jetzt in London mehr Preisgeld gewonnen, als in seiner gesamten Profikarriere zusammen.
Zverev begann konzentriert, breakte den Österreicher gleich im ersten Aufschlagspiel. Er wurde nachlässig, servierte zwei Doppelfehler und kassierte das Rebreak. Im weiteren Verlauf bekam der 20-jährige Hamburger das Match mehr und mehr in den Griff und entschied den 1.Satz mit 6:4 für sich. Er ging dann im nächsten Durchgang gleich wieder 2:0 in Führung, ließ wieder nach und lag plötzlich 2:3 zurück. Sascha ging dann entschlossener zur Sache und konnte den 2.Satz 6:4 gewinnen. Auch den dritten Durchgang eröffnete das „German Wunderkind“ mit einem Break Ofners. Er gab das Heft nicht mehr aus der Hand, setzte sich im 3.Satz mit 6:2 durch und zog nach 1.33 Stunden Spielzeit als zweiter deutscher Repräsentant in das Achtelfinale des Grand Slams in London ein.
Am Montag wird er sich dort mit dem an 6-gesetzten Kanadier Milos Raonic auseinandersetzen.
Mischa Zverev (ATP 30) war bisher in Wimbledon überzeugend aufgetreten. Das Match auf dem Centre Court am Abend des sechsten Tages würde vermutlich die Endstation seines Siegeszuges sein: Der 29-jährige Hamburger traf auf den an 3-gesetzten Roger Federer (ATP 5), dem siebenfachen Wimbledonsieger aus der Schweiz.
Der 29-jährige Hamburger ging zu Beginn doch mit Respekt in die Partie mit dem 35-jährigen Maestro aus Basel, verlor gleich sein zweites Aufschlagspiel und lag schnell 1:4 zurück. Dann setzte er dagegen, startete eine Siegesserie von 3 Spielen in Folge, glich auf 4:4 aus. Mischa spielte sich in eine Traumform, trieb den Rasen-Champion zur Freude des Publikums zu Höchstleistungen. Im Tiebreak wurde der 1.Satz entschieden. Der Fedexpress kam ins Rollen, Roger spielte fehlerlos auf und gewann die Satzentscheidung mit 7:3. Er nahm den Schwung in den nächsten Durchgang mit, breakte seinen deutschen Gegner in dessen zweitem Aufschlagspiel und brachte seine eigenen Aufschlagspiele zum 6:4-Gewinn des 2.Satzes durch.
Der Schweizer wiederholte auch im dritten Satz das gewohnheitsmäßige Szenario: Er breakte den Hamburger Linkshänder im zweiten Aufschlagspiel, brachte seine Aufschläge souverän durch und gewann den Durchgang mit 6:4.
Schade. Mischa Zverev war trotz einer starken Leistung von einem würdigen Gegner mit 6(3):7, 4:6 und 4:6 besiegt worden.
Roger Federer, der bisher keinen einzigen Satz abgeben musste, ist wieder in alter Wimbledonform.