Im vorigen Post sind wir auf das aktuelle Image des Tennissports in Deutschland eingegangen. Um unsere Einschätzungen zur gegenwärtigen Situation zu präzisieren und die Lage nicht schlechter zu schreiben als sie ist, wollen wir auf die Gegebenheiten in Deutschland eingehen, die maßgeblich Einfluss auf die Existenz des Tennis haben und dessen Rahmenbedingungen schaffen.
Tennis, als ein traditioneller Bereich des Feldes „Sport“, muss sich heute gegenüber einer stetig wachsenden Anzahl an konkurrierenden Sportarten behaupten. Waren es zu Beginn der 90er Jahre keine 50 Sportarten, die flächendeckend betrieben wurden, so sind es heute an die 150 unterschiedlichen sportlichen Aktivitäten, die im Verein organisiert, ganz privat auf informeller Ebene oder in kommerziellen Einrichtungen betrieben werden können. Soziologisch betrachtet, bedeutet dies eine Ausdifferenzierung der sportlichen Interessen im Einklang mit der immer weiter voranschreitenden Ausdifferenzierung von Lebensstilen, als charakteristisches Merkmal moderner Gesellschaften. Je nach Geschmack stehen dem Individuum diverse Möglichkeiten zur Verfügung, sein Bedürfnis nach Bewegung auszuleben – und das “rund um die Uhr” an jedem Tag!
Die Vielfalt der Sportlandschaft kämpft nicht nur um Mitglieder, sondern auch um ihre Präsenz in den Medien. Lässt man Fußball als dominante Ausnahmeerscheinung der Sportberichterstattung und sogar als Universalwaffeder Medienaußen vor, bleiben den restlichen Sportarten die wenigen verbleibenden Minuten oder Zeilen im TV oder in den Printmedien. So liegt es in der Natur der Sache, dass die begrenzten Ressourcen der Massenmedien nicht ausführlich über jede Sportart berichten können. Darunter leidet wiederum sehr stark der Tennissport, dessen Strukturen lange Zeit auf Basis der Vermarktungsgelder aus Funk und Fernsehen ausgelegt waren – und das Mitte der 90er Jahre in den Hochzeiten neben Fußball als Mediensport Nr. 1 galt.
Ein weiterer Aspekt, der den Tennisvereinen und –verbänden die erfolgreiche Arbeit erschwert, ist der demographische Wandel der deutschen Gesellschaft. Neben dem anhaltenden Bevölkerungsrückgang, verschiebt sich die Altersstruktur der Bürger nach oben. Und mit der Altersstruktur ändert sich auch das Bewegungsbewusstsein bzw. -bedürfnis. Die Menschen werden älter und die Zahl derer, die Aufgrund ihrer Verfassung auf spezielle Sportangebote wie Senioren-, Herz- oder Gesundheitssport zurückgreift, steigt stetig an. Kommerzielle Fitnesszentren oder von Krankenkassen subventionierte Sportangebote in Reha- oder Gesundheitszentren erleben einen stetigen Zuwachs an Interessierten. Tennis kann hier trotz seines vermeintlichen „Lifetime-Potentials“ nicht als erste Adresse auf der Suche nach dem Sport im Herbst des Lebens punkten.
Gerade in den Ballungszentren der Großstädte, die nach wie vor rapide anwachsen, ist das Unterhaltungsangebot für die Sportenthusiasten gigantisch. Davon profitieren auch die Tennisvereine und –verbände, die entgegen des bundesweiten Trends Zuwächse bei den Mitgliederzahlen verbuchen. Die „Landflucht“ führt allerdings zu schwindenden Mitgliederzahlen der ländlich angesiedelten Vereine und in der Summe gehen dem Tennis einige ehemalige Aktive im urbanen Großstadtdschungel verloren. Eine Entwicklung, die auch andere deutsche traditionelle Sportarten betrifft (z.B. Handball, Leichtathletik).
Der Sport, die Lebensstile, die Gesellschaft – alles ändert sich, entwickelt sich, differenziert sich aus. Will der traditionelle Sport, ganz speziell Tennis, bestehen und als moderne packende Sportart gelten, lässt es sich nicht umgehen, sich mit diesen Entwicklungen auseinanderzusetzen und seine Sportart auf die Bedürfnisse der zukünftigen Generationen anzupassen. Das kann in kleinen Schritten geschehen, sollte aber schon heute beginnen.
Im dritten Teil unserer kleinen Serie zum Image des Tennissports werden wir euch unsere Vorschläge zur (Weiter-)Entwicklung unseres geliebten Sports darstellen.
Und denkt daran: Tennis ist nicht aus der Mode, kein schlafender Riese, nicht „tot“ – ob im Verein oder nur im Urlaub: ihr seid einer von fast 5.000.000 aktiven Tennisspielern in Deutschland!
Es gibt sogar noch genügend Potential, dass noch mehr Gesellschaftsmitglieder unseren Lieblingssport ausüben werden.
Darüber berichten wir im nächsten Post.