Nach dem 1:2-Rückstand gegen Tschechien konnte das deutsche Davis Cup-Team nur auf ein Wunder hoffen, um die Partie noch zu gewinnen und das Relegationsspiel in der Weltgruppe zu vermeiden.
Alle deutschen Hoffnungen hätten schon schnell im ersten Einzel am Sonntag zwischen Philipp Kohlschreiber und dem hohen Favoriten Tomas Berdych begraben werden können. Der Augsburger stellt sich hochkonzentriert seiner schweren Aufgabe, hält in den ersten Spielen mit. Bei 2:2 breakt er sogar den Tschechen, geht in Führung. Berdych nimmt beim Seitenwechsel eine medizinische Pause, verlässt den Platz und lässt sich medizinisch behandeln. Bei seinem verlorenen Aufschlagspiel war schon zu sehen, dass er nicht im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen ist.
Entgegen den Gerüchten in der Halle, dass die tschechische Nr.1 aufgeben wird, kehrt er auf den Platz zurück. Seine Adduktoren-Schmerzen sind in der Zwischenzeit behandelt worden. Das Spiel geht weiter, unsere Nr.1 muss die ungewohnte Situation erst verarbeiten. Mit großen Mühen und gegen viele Breakbälle kann er die Führung auf 4:2 ausbauen. Der Tscheche kennt keinen Schmerz, verkürzt auf 3:4. Trotz bewundernswürdigen Widerstands des Weltranglistensiebten wird Kohlschreiber immer souveräner und gewinnt den 1.Satz mit 6:3. Teamchef Kohlmann und das deutsche Team springen begeistert von den Bänken auf, das heimische Publikum jubelt.
Im zweiten Durchgang versucht der Tscheche – trotz seiner offensichtlichen Verletzung – den Sieg für Tschechien doch noch zu erringen. Bis 5:6 hält er dagegen. Dann wird er gebreakt, weil Kohli einige außergewöhnliche Returnwinner gelingen. Nach Verlust des zweiten Satzes mit 5:7 gibt Tomas Berdych auf.
Philipp Kohlschreiber hat für Deutschland zum 2:2 ausgeglichen. Respekt für seine konzentrierte Leistung in einer ungewöhnlichen Situation. Respekt aber auch vor der Widerstandskraft und dem Teamgeist von Tomas Berdych.
Der erste Teil des Wunders ist in Hannover vollbracht.
Den zweiten Teil des Wunders kann jetzt der 18-jährige Davis Cup-Debütant Alexander Zverev, den die englischsprachige Fachpresse „German Wunderkind“ nennt, im entscheidenden letzten Einzel gegen Lukas Rosol vollbringen. Wenn auf der Welt ein junger Spieler diesem Druck gewachsen ist, dann trauen wir das am meisten den jungen Schlaks aus Hamburg zu.
Sascha beginnt nach 0:1-Rückstand sein Aufschlagspiel mit einem Ass und beendet es mit einem Ass. Das schafft Zuversicht. Aber auch Rosol spielt fokussiert und aggressiv. Ein Doppelfehler des Hamburgers führt zur 4:2 Führung des Tschechen. Sascha zeigt Zeichen der Unzufriedenheit. Er schimpft, wechselt die Schläger und verliert den 1.Satz mit 2:6.
Im 2.Satz setzt Rosol sein entschlossenes und fehlerloses Spiel fort, erkämpft sich schnell einen 3:0- Vorsprung. Immer wieder punktet er taktisch geschickt mit gelungenen Stopps. Der aktuelle Weltranglisten 58. aus Deutschland erhöht jetzt das Tempo, aber der Weltranglisten-50. aus der Tschechei gewinnt auch den 2.Satz 6:3.
Im dritten Satz wartet man mit letzter Hoffnung darauf, dass der ungewöhnliche „Lauf“ des Tschechen endlich einmal abbricht. Vergeblich: Rosol marschiert weiter. Zverev wirkt gebrochen, ihm unterlaufen ungewöhnlich viele Fehler. Er kassiert zum 1:2 und 1:4 zwei Breaks. Bei 5:1-Führung des Tschechen fängt der 18-jährige Hamburger das dritte Break und verliert den dritten und entscheidenden Durchgang mit 1:6.
Tschechien steht nach dem 3:2-Gewinn in der zweiten Runde der Weltgruppe des Davis Cups, Deutschland muss in die Relegation.
Die Bäume wachsen für Sascha Zverev und die deutschen Herren auch 2016 nicht in den Himmel.