Da sind sich die Fachleute im Tennis einig: Wenn ein Talent aus Deutschland das Zeug hat, die Nachfolge von Haas oder Kohlschreiber anzutreten und in den nächsten Jahren in die Weltspitze vordringen kann, dann ist das der 16-jährige Alexander Zverev, der am 20.April 1997 in Hamburg geboren wurde. Alexander, genannt „Sascha“, ist der jüngere Bruder von Mischa Zverev, der vor Jahren auf Rang 45 der ATP-Weltrangliste positioniert war und gegenwärtig auf Platz 143 rangiert.
Von Anfang an ist Alexander in der Welt des Spitzentennis groß geworden. Mit vier Jahren wurde er schon mit allen Tennisaccessoires ausgerüstet, weil der Vertragspartner seines Bruders immer auch Schläger, Kleidung und Schuhe für den kleinen Sascha mitlieferte. Er begleitete früh Mischa und seine Familie auf der ATP-Tour und war längst mit den großen Stätten des internationalen Tennis vertraut, bevor er selbst auf diesen Plätzen zum Wettkampf auftrat. Dementsprechend selbstbewusst machte er als Kind seiner Umgebung klar, dass er später zu den besten Tennisspielern der Welt gehören würde.
Inzwischen äußert er sich zurückhaltender, hat aber schon jetzt außergewöhnliche Erfolge vorzuweisen: Er ist die Nummer 1 der ITF-Jugendweltrangliste und hat auf dem Herren-Circuit schon so viele Punkte gewonnen, dass er sich aktuell auf der Nr. 807 der ATP-Weltrangliste positioniert hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er vor einigen Tagen bei einem Future in Florida verletzt im dritten Satz aufgeben musste und einige Punkte verlor.
Die Vermarktungsagenturen stehen Schlange an den Türen der Wohnorte der Zverevs in Hamburg und Florida. Sie sehen in ihm einen Garant für zukünftige Erfolge – nicht nur aufgrund seines außergewöhnlichen Talents, sondern auch aufgrund seiner optimalen Umgebung: Sein Vater und Trainer, Alexander sen., war selbst schon die Nr.175 der ATP-Weltrangliste, obwohl er nur wenige Turniere spielen konnte, weil damals in der Sowjetunion die Spieler bei den Ausflügen in den kapitalistischen Westen von der Regierung zurückgehalten wurden.
Mutter Irina, auch Ranglistenspielerin in der Sowjetunion, ist der ruhende Pol in der Tennisfamilie Zverev. Sie koordiniert die verschiedenen Trainings-, Turnier- und Reisetermine und ist freundlicher Ansprechpartner für die Medien. Irina hebt eine weitere richtungsweisende Eigenschaft Saschas hervor: „Sascha hat einen nicht zu bändigenden Drang zum Tennisspielen. Wo immer er ist, er will sogleich auf den Tennisplatz und Bälle schlagen. Das war schon so, wenn er uns als Kind auf den Grand-Slam-Turnieren begleitete. Da hat sich bis heute nichts geändert. Er will sich stetig verbessern.“
Dieser Trainingsfleiß ist eine grundlegende Voraussetzung für spätere große Erfolge. Das sieht auch Patricio Apey so, den die Zverevs als Manager für Alexander verpflichtet haben: Apey ist eine bekannte Größe im internationalen Tennis-Zirkus: er war Coach von Gabriela Sabbatini und managte später Murray und Kiefer. Der Südamerikaner achtet darauf, dass sich der junge Deutsche nicht ablenken lässt und dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen: „Wenn Sascha mit 16 Jahren zu viel Aufmerksamkeit bekommt, könnte er glauben, dass er besser ist als er tatsächlich ist – das wollen wir auf alle Fälle vermeiden. Er soll sich zu 100 Prozent auf sein Ziel konzentrieren. Und das heißt: ein Topspieler auf der ATP-Tour zu werden.“ Wenn man diese Worte hört, ahnt man den Grund, warum das so selbstbewusst auftretende Kind sich mittlerweile zu einem eher bescheidenen Jungprofi entwickelt hat.
Wir hatten die Gelegenheit, den jungen Zverev in mehreren Turnierspielen beobachten zu können und waren beeindruckt, wie aggressiv und dominant der 16-jährige seine stabilen Grundschläge einsetzt, welche Entschlossenheit er mit seinen „Killerschlägen“ schon jetzt demonstriert. Wenn der schlaksige Hamburger mit gezieltem Muskelaufbau in Zukunft noch kompakter auf dem Court auftritt, wenn er seine Schnelligkeit verbessert und wenn er seine Größe noch optimaler beim Service nutzt, steht seinem Kindheitstraum eigentlich nichts im Wege.
Die schon etablierte Konkurrenz ist längst auf ihn aufmerksam geworden. Unser Doppelspezialist Christopher Kas hatte Saschas Wettkampfstärke bei einem Turnier in Frankreich über mehrere Runden hinweg verfolgen können. Per „Twitter“ schilderte er der Tennisszene seinen Eindruck: “Behaltet bloß diesen 16-jährigen im Auge. Das wird einer!“
So ähnlich haben Carlos Moya und seine spanischen Kollegen vor zehn Jahren über den jungen Rafael Nadal gesprochen…
Es folgt eine kleine Kostprobe des kommenden Stars: